Der Techno-Bus

Ich bin soeben am ZOB (Zentraler Omnibus Bahnhof) angekommen und es hat fast alles reibungslos geklappt - bis jetzt! Der Busfahrer war sehr kompetent und hat mich, obwohl ich nicht auf der Liste stehe, einfach einsteigen lassen, nachdem ich ihm erklärte was Sache ist.
Im ganzen Bus ertönt laut (durch jämmerliche Autoboxen) NeoPop und sogar ein Remix von Radiohead. Das erfreut natürlich mein Herz. Die Fahrt wird voraussichtlich 4 Stunden dauern. In Saalburg angekommen, so wird angekündigt, findet dann eine verfeinerte Fahrkartenkontrolle statt. Solange bleiben die Türen für alle verschlossen. That's paranoid...
Wir fahren jetzt los und der NeoPop schwengt unauffällig und galant um in nervigen, monotonen Techno/Schranz. Dieses stetige 'WumbWumbWumb' verursacht bei mir äußerst schnell geistiges Ohrenbluten. Zu meinem Vorteil habe ich meinen Discman mitgenommen, zu meinem Nachteil allerdings nur 3 CDs und ob man nun 5 Stunden die gleiche Musik immer wieder von vorne, oder aber die stetig nervig bleibenden Techno Bässe hört, ist einem dann irgendwann egal. Das ist übrigens die erste Bustoilette, die beim Aufmachen nicht nach Scheiße sondern nach Vanille stinkt. Ist zwar genauso penetrant, erweist sich jedoch schnell als Vorteil für mich, denn ich sitze direkt daneben. Die ravig-pinke Dame vor mir hat sich erstmal genüßlich nach hinten gelehnt und dabei ihren Sitz so um etwa 180° in meine Richtung verstellt. Ihr müßt euch meinen aktuellen Zustand in etwa so vorstellen, als säßet ihr zwischen den beiden fettesten Frauen dieser Welt. Null Beinfreiheit und starke Atemprobleme dank des Tabletts welches sich nun in den nächsten 5 Stunden immer tiefer in meine Magengrube bohren wird (ich übertreibe natürlich). Klar hat sie mich vorher gefragt, ob ich das als störend empfinde und ich wollte auch gerade 'Ja' sagen, aber als sie mich durch ihre getönte Sonnenbrille mit ihren total glasigen und roten Augen so ansah, konnte ich einfach nicht anders...!
Der laute Techno-Bus mitsamt seinen spritzigen Insassen braust nun Autobahnen und Landstraßen entlang, fährt vorbei an lichten Wiesen und einsamen Dörfern, durchkreuzt Dessau, macht öfter mal Rast und kommt nach Leipzig in einen Stau. Zumindest ist eine Klimaanlage vorhanden. Ansonsten würde ich hier sicherlich bitterlich zergehen. Zusätzlich werden überteuerte Getränke und Snacks feil geboten und ein jeder ist glücklich bis an sein Lebensende - außer einer. Aber tausend Fliegen können eben nicht irren...
Um ca. 18 Uhr sind wir dann endlich an unserem Ziel angekommen, und als der Bus anfährt, um irgendwo zu parken, kann man von weitem schon auf die vielen Party-Zelte und den gesamten Campingplatz blicken. Es sieht einigermaßen überwältigend aus. Der Zeltplatz ist riesig, die Wiese, auf der Bühnen und Bars stehen, ist eher ein bißchen kleiner, aber doch voll ausgefüllt. Ich bin gespannt was ich dort unten die nächsten 3 Tage alles erleben werde, nehme meine Kopfhörer aus den Ohren, mein Gepäck in die Hand und wandere langsam aber sicher hinab ins Tal der hämmernden Bassdrums und der bunten Farben.

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Fabian Fascher

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