Spar-Schweine, Zombis und eine Legende

Bis zum nächsten Aldi war es ca. eine halbe Stunde Fußmarsch, aber der Opener an diesem Abend machte das bestimmt wieder gut: Von Spar legten vor einem unverschämt kleinen Publikum einen unverschämt guten und nicht weniger professionellen Auftritt hin. Es regnete in Strömen und ich bin mir auch ziemlich sicher, daß diese Gruppe kaum jemand kennt. Das sind nicht die idealsten Voraussetzungen, jedoch ließ sich davon keiner recht beirren und so dröhnten eine Stunde lang die abstrusesten Sounds untermalt von einem mal schizophrenem Gekreische, mal einem klaren Gesang durch die Wasserwand. Es war herrlich und live sind Von Spar noch viel eindrucksvoller als auf ihrem aktuellen Album "Die Uneingeschränkte Freiheit der eigenen Initiative".
Kante waren die nächsten auf dem Programm. Von denen kannte ich bisher nur 'Zombi'. Man hat die Stimme und somit natürlich auch die Texte überhaupt nicht verstanden und das ist bei einer Musik, die von Ex-Blumfeld Peter Thiessen gesungen wird, schon äußerst schade. Kante ist meiner Meinung nach eben in keinerlei Hinsicht Tanzmusik sondern Stoff zum Nachdenken. Doch die hochintellektuelle Lyrik ging leider im strömenden Regen verloren und landete vor vielleicht 100 Leuten kläglich im Matsch. Irgendwie Verschwendung sowas...
Das Set ging eigentlich nahtlos und mit schnellem Umbau vonstatten und es nervten einen nicht ewige Soundchecks mit dämlichen Gebrabbel der Roadies und so stand auch ziemlich schnell Anne Clark mit ihrem David Harrow auf der Bühne und begann die Show. Anne Clark kennt man ja, aber live gesehen habe ich sie zum allerersten Mal und ich muß sagen, ich war ein bißchen enttäuscht. Sie stand die ganze Zeit nur steif da, bewegte sich nicht ein einziges Mal und sang... nein, Verzeihung, sprach ihre Texte zu doch schon guten Elektro-Beats auf und verschwand dann nach einer Stunde wieder hinter der Bühne. Ich hatte das Gefühl, als würde sie nichts vermissen, stünde sie jetzt nicht auf der Bühne. Naja, ich nehme stark an, daß sie früher mehr Pfiff hatte, ansonsten wäre sie nicht solch eine Legende geworden.
Mittlerweile war es 23.15 Uhr und 2Raumwohnung bauten ihr Equipment auf. Schön, nochmal 2Raum-wohnung. Es ist jedes Mal ein neuer Ohrenschmaus, wenn die schöne Inga Humpe ihre liebliche Stimme ertönen läßt. Diesmal wurde neben den Klassikern und dem anderen Programm ein neues Lied aus dem kürzlich erschienen Album "Es wird morgen" präsentiert. Und als sie "Kommt zusammen" anstimmte, bat sie etwa 20 Mädchen und einen Jungen (warum auch immer einen Jungen...) auf die Bühne, die dann fröhlich umher tanzten und rumalberten. Schöne Showidee. Als das letzte Lied ausklang, wurde ich mir darüber im Klaren, daß ich ganze 4 Bands lang meine Beinen in den Bauch gestanden hatte und es nun Zeit war, wieder mal nach dem Zelt zu schauen. Wir kennen das ja mittlerweile mit unbeaufsichtigten Zelten...
Etwa 2 Stunden später beschloß ich noch mal, in eins der Zelte zu gehen, um zu schauen, was sich dort zu später Stunde noch tut. Es tat sich einiges und ich platzte mitten in das London Elektricity-Konzert auf der Tent Stage herein und konnte nicht fassen, was ich dort hörte - vor Glück! Drum'n Bassartige Beats mit einem live Schlagzeug, Touchpads, Synthesizer und Keyboard ertönten laut von der kleinen Bühne, auf die die 6 Engländer gerade so raufpaßten. Ein MC mit wohlklingendem englischem Akzent rappte zu Jazz- und Funknummern und eine nette Frauenstimme verfeinerte das Ganze, sodaß sich eine riesige Menge angesammelt hatte und alles tanzte und johlte Beifall. Die Lieder gingen sehr lange und wollten gar nicht mehr aufhören. Es wurde improvisiert und es nahm einfach kein Ende, während der Saal so langsam überkochte.
Später trieb es mich noch in das Space Tent, doch Lexy & K-Paul hatten natürlich schon längst begonnen, denn es hatte auf der Tent Stage wohl jemand ein kleines bißchen seinen Zeitplan überzogen...
Lexy & K-Paul legten guten Break Beat und anderen treibenden Sound auf und auch hier wurde überall getanzt und gefeiert. Ich weiß nicht mehr, wie lange die beiden Berliner ihre Zeit überzogen haben, aber irgendwann kam ein in schwarz gekleideter Zuständiger/Wichtigtuer auf die Bühne und deutete ihnen mit ständigem Zeigen auf seine Uhr an aufzuhören. Das Publikum sowie auch das DJ-Team waren damit aber so gar nicht einverstanden und so flippte dieser Typ irgendwann richtig aus und veranlasste, daß das gesamte DJ-Pult ganz einfach abgeschaltet und von ein paar Muskelpaketen herausgetragen wurde. Das fand (nicht nur) ich schon sehr sehr arm. Alles ist glücklich und begeistert und dann wird so eine Aktion gebracht... Viele Buh-Rufe wurden auf die Bühne geworfen und es folgten (Protest?)Autogramme auf Mützen, Hosen und Taschen von einem der DJs. Das nächste DJ-Set, was schleunigst auf die Bühne transportiert wurde, war von Alter Ego und die Crowd beruhigte sich genau so schnell wieder, wie sie sich aufgeregt hatte. Ich allerdings ging enttäuscht zu meinen Zeltnachbarn zurück, denn irgendwie war mir das zu blöd. Außerdem ist Alter Ego nicht unbedingt das, wozu ich tanze - wenn ich überhaupt tanze. Gute Nacht!

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Fabian Fascher

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