Open Air Gränichen

Am späten Freitagnachmittag waren all unsere Sachen gepackt und wir machten uns auf in den benachbarten Kanton Aargau nach Gränichen. Eine Ortschaft, von der ich bis anhin noch nie gehört hatte. Die Anreise mit dem Zug verlief ein wenig anstrengend, da wir dummerweise von Aarau aus zuerst in die falsche Richtung fuhren. Für aufmerksam Reisende wäre aber das Festivalgelände sehr einfach zu finden, denn in Gränichen ist alles sehr gut ausgeschildert! Schlussendlich kamen aber dann auch wir auf dem Gelände an.

Das Openair Gränichen feierte dieses Jahr sein 10jähriges Bestehen und ist seit seinen Anfängen immer größer geworden. Jedes Jahr musste das Gelände vergrößert werden, es gab eine zweite Bühne, die Anzahl Bars hat sich mehr als verdoppelt und auch der Zeltplatz nimmt immer mehr Platz in Anspruch. Durch die Jahre sind hauptsächlich größere und kleinere Schweizermusikgruppen aufgetreten, jedoch konnten die Organisatoren auch internationale Größen wie "No Fun At All", "Randy" oder "Anti-Flag" verpflichten.
Das Gelände wird auf beiden Seiten von bewaldeten Hügeln eingerahmt und mitten hindurch flie&zlig;t ein kleines Bächlein (niemand konnte mir aber sagen, wie dieses denn wohl heisst!).
Für ein derart kleines Openair ist ein erstaunlich großes Angebot an Essensständen vorhanden. (Der wohl beliebteste war der Süsswarenstand, der Kinder und Bekiffte wie Wespen anzuziehen vermochte). Die Sanitären Anlagen waren gut auf dem Gelände verteilt und immer in einem sauberen Zustand anzutreffen – großes Lob an die Organisatoren! Auch waren die WCs zum Teil liebevoll mit "Meitli" und "Buebe" angeschrieben.

Nach unserer Ankunft stellten wir erst einmal unser Zelt auf den noch fast leeren Zeltplatz auf, der sich aber bis Ende des Festivals noch füllen sollte, und inspizierten dann mal das Gelände. Schade war, dass es zuvor geregnet hatte und sich schon jetzt eine Schlammstraße um die Hauptbühne zu bilden begann. Dort spielten zu diesem Zeitpunkt gerade der Berner Songwriter "Ray Wilco" und seine Band ihre nicht allzuschnellen Songs. Außer ein paar Kindern vermochte er aber die Massen nicht richtig anzuziehen, schade eigentlich.
Auf der Zeltbühne spielte danach "Westwood" eine Band aus dem Aargau. (Die Konzerte waren so abgestimmt, dass es einen fließenden Übergang zwischen den Darbietungen auf der großen und der Zeltbühne gab). Die fünfköpfige Band, die sich im New-Country-Style versuchte, vermochte mich nicht sehr zu beeindrucken. Ihre Songs klangen alle sehr abgekupfert und langweilig. Ein guter Zeitpunkt um sich etwas Essbares zu besorgen...
Mittlerweile hatte sich das Gelände gefüllt und man konnte meinen, das ganze Dorf Gränichen sei hierher gepilgert, von Kindern bis zu den älteren Semestern war jetzt alles vertreten. Alle warteten gespannt auf den Hauptact dieses Abends – "The Alpinistos"!
Wie uns der Name schon sagt, geht es bei dieser aus verschiedenen Gruppen zusammengewürfelten Band um die Berge, die Freundschaft und natürlich um die Liebe. The Alpinistos sind alles alte Freunde aus der Schweizer Musikszene, die sich zusammengetan haben, um Musik zu spielen die ihnen gefällt.
Da haben wir beispielsweise das Urgestein Polo Hofer (Polo Hofer & die Schmetterband), der als Schlagzeuger und Sänger der Alpinistos im Mittelpunkt steht. Am Klavier und Gesang werden die Alpinistos durch Hanery Ammann (Gründungsmitglied von Rumpelstilz) unterstützt, der als Komponist mit Songs wie "Teddybär", "Alperose" und "D'Rosemarie und I" für Meilensteine des Schweizer Mundartrocks gesorgt hat. Natürlich wurde uns "Alperose", ein Lied das jeder Schweizer kennt, an diesem Konzert auch nicht vorenthalten.
An der Gitarre, sitzt Hank Shizzoe, wohl einer der besten Gitarristen, die die Schweiz hervorgebracht hat. Wenn Hank auf seiner Gitarre oder der Lap Steel (Schoßgitarre) seine Soli zu spielen beginnt, spürt man förmlich die Leidenschaft und Energie, die in seinem Spielen zum Vorschein kommt.
Der Jüngste in der Bande ist Andi Pupato, der Perkussionist, der als Studio- und Livemusiker schon mit namhaften Schweizer Größen (Gotthard, Michael von der Heide, u.a.) Erfahrungen gesammelt hat. Und auch der Bassist, Michel Poffet, zählt zu den Alteingesessenen. Mit seinem Kontrabass überschreitet er die Grenzen der Musikgefilde und lässt Rock, Pop, Blues, Folk und Jazz ineinander verschmelzen.
Zu Beginn des Konzertes hatten die Alpinistos noch mit Problemen des Monitoring-Sounds zu kämpfen. Nach mehrmaligem Kontakt mit dem Monitor Mischer und eigener Handarbeit, konnte dem Problem nach den ersten paar Songs entgegengewirkt werden. Bei diesen Musikern merkt man die Erfahrung die hinter jedem Einzelnen steckt. Das machte sich am perfekten Spielen ihrer Songs, der Lockerheit des Auftritts und der Interaktion mit dem Publikum deutlich bemerkbar.
Nach den Alpinisten waren auf der kleinen Bühne die Zürcher "Fingerpoke" zu sehen. Nur sehr wenige Zuschauer hatten den Weg hierher gefunden, dementsprechend wirkten die Jungs ein wenig unmotiviert. Das erstaunliche an dieser Band war, dass der Sänger zwar ganz passabel sang, aber der Gitarrist der dann auch noch (leider nur) ein, zwei Songs zum Besten gab, uns mit seiner schönen melancholischen Stimme zu verzaubern vermochte. Die Musik erinnerte uns jetzt ein wenig an "Weakerthans", eben schön und melancholisch.
Gar nicht melancholisch war die nächste Band, die als letzte auf der großen Bühne auftrat. – "The Stouts".
Die siebenköpfige Band spielte Volksmusik aus Schottland und Irland und dies natürlich alles im Schottenrock. Zudem coverten sie noch einige Pogues-Songs, das Ganze war eine lustige und fröhliche Angelegenheit! Derweilen war es aber so kalt geworden, dass wir uns nun in unser Zelt flüchteten und eingewickelt im Schlafsack darauf warteten ein wenig wärmer zu kriegen. Schon bald viel ich aber in einen tiefen traumlosen Schlaf und erwachte erst, als uns ein Security weckte, um das "Bändeli" zu sehen. Zwar war es jetzt morgen aber immer noch bitterkalt, zudem regnete es jetzt auch wieder. So holten wir uns Kaffe und selbst gebackenen Kuchen und verkrochen uns nochmals ins Zelt.
Als wir das zweite Mal aus unserem Zelt krabbelten, hatte es aufgehört zu regnen und wir machten uns auf Richtung Hauptbühne, wo dann bald die 11köpfige Reggae-Band "Mighty Roots" die auch schon im Vorprogramm der "Wailers" auftraten, zu spielen begann. Zu ihrem fröhlichen Reggae kam dann dazu passend, auch endlich wieder die Sonne raus. Die Leute versammelten sich allmählich auf der kleinen Anhöhe vor der Bühne, oder setzten sich ins Stroh, das Helfer über den Schlamm ausgebreitet hatten und wachten langsam auf.
Am Nachmittag gaben dann die lauten "Undeclinable" aus den Niederlanden, die auch schon auf den Tours von "Offspring" und "Bad Religion" mit dabei waren, ihr Können zum Besten.
Darauf folgten "Destiny" aus Deutschland.
Das nächste Highlight bestand im Auftritt von "Favez" (siehe Interview). Die Lausanner Garage Rock Band besteht schon eine ganze Weile und konnte in der letzten Zeit auch im internationalen Bereich Fuß fassen.
Der Sänger Chris, entschuldigte sich am Anfang des Konzertes mit einem Kniefall beim Publikum, da er Probleme mit seiner Stimme habe – Nachwehen vom letzten Konzert. Trotz dieses Handicaps war ihr Konzert aber wieder einmal brillant. Mit ihren powervollen, gitarrenlastigen und doch sehr melodiösen Songs, vermochten die vier Musiker das Publikum mitzureissen. Favez bestachen einmal mehr, durch ihre starke Bühnenpräsenz und dass es ihnen Spaß macht, ist offensichtlich. Man muss sie einfach mögen, diese Lausanner!
Auf der kleinen Bühne machten sich danach "Kalles Kaviar" bereit. Wie sich schon durch den Namen erahnen lässt, handelt es sich hierbei um eine Ska-Band und zwar eine der Besten, die die Schweiz zu bieten hat. Kalles Kaviar gibt es nun schon seit 1995, aber nicht alle Gründungsmitglieder sind noch dabei. Neue junge Leute sind im Verlaufe der Jahre dazugestoßen und haben einen frischen Wind in die Band gebracht. Besonders gut, gefällt mir an den "Erneuerungen", die Sängerin Nicole, die mit ihrer schönen und kräftigen Stimme den Leadsänger unterstützt, oder auch mal alleine ein Lied zum Besten gibt. Die Musik die Kalles spielen, ist eine Mischung aus Ska, Rocksteady und Reggae und animiert die Massen erfahrungsgemäß zum wilden Tanzen.
Seit dem Release ihrer aktuellen Platte "Early Bird", ist die Band meist mit der Reggae-Ikone Roy Ellis unterwegs (einer der letzten gemeinsamen Auftritte war zum Beispiel auf dem internationalen Ska-Festival in Potsdam).
Dieser hatte aber leider nicht nach Gränichen gefunden, aber auch ohne ihn war das Konzert ein großer Erfolg.
Als Hauptact diese abends spielten danach die "Satanic Surfers" aus Schweden. Dazu folgt dazu nun ein "Gastbericht" von einem Satanic Surfers-Fan:

Kurz nach 21.30 begann endlich das Konzert, auf das ich schon den ganzen Abend gewartet hatte. Die Satanic Surfers betraten die Bühne. Was als erstes auffiel war, dass Rodrigo nicht mehr Gesang und Schlagzeug in Personalunion bestritt, sondern dass sich die Band mittlerweile einen Schlagzeuger zugelegt hat, sodass sich Rodrigo alleine auf seinen Gesang konzentrieren kann. Zu Beginn des Konzertes lassen die teuflischen Surfer zunächst einmal ein paar alte Klassiker vom 95'er Album "Hero of our Time" auf die mittlerweile in Bewegung geratene Meute vor der Bühne los. Langsam beginnen sich auch die übrigen Festivalbesucher vor die Hauptbühne zu gesellen. Vor beinahe "vollem Haus" setzt die Band ihr Konzert fort und spielt nun in erster Linie Material von ihrem neusten Album "Unconsciously Confined". Im Folgenden macht die Band einen Abstecher quer durch ihre musikalische Geschichte, von der 94'er Platte "Keep out" über die 97'er Platte "666 Motor in" bis hin zum 99'er Album "Going nowhere fast" war eigentlich alles neuere und ältere Material vorhanden. Nach ca. einer Stunde war der ganze Spuk dann vorbei, doch natürlich erschienen sie noch zu einer Zugabe. Den Schluss bildete dann der Burner "Head under Water", der wie schon die Opener vom Album "Hero of our Time" stammt. Alles in allem war es ein gutes Konzert, auch wenn das Ganze sehr routiniert runtergespielt wirkte. Schade eigentlich, denn diese Band habe ich auch schon anders erlebt, aber man kann ja nicht immer seinen besten Tag haben.
Johannes

Inzwischen hatte es ziemlich heftig zu regnen begonnen und das Gelände leerte sich langsam, obwohl noch zwei Bands folgen sollten ("Voice of a Generation" und "Caliban"). Auch wir traten nun schon ziemlich nass die Heimreise an.
Insgesamt hatten wir viel Spaß am Openair Gränichen, es lässt sich durchaus als "klein aber fein" beschreiben. Ich werde sicher wieder einmal da vorbeischauen!

Nina Bechtel

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