Billy Corgan - The Future Embrace

(2005 Martha's Music USA)
www.billycorgan.com
www.repriserecords.com

Endstation Sehnsucht...

Wer stets gedacht hat, es sei allein Billy Corgans Stimme, die einen so fasziniert und berührt, der wird spätestens auf seinem lang erwarteten Solo-Album verbittert feststellen, daß dem schon lange nicht mehr so ist. Denn zum einen hat die Musik der zum Schluß ja leider nicht mehr nur verbal zermatschten Kürbisse mehr mit dem Erfolg Corgans zu tun, als man auf den ersten Blick vielleicht zu glauben vermag, und zum anderen ist die penetrant schnurrende Stimme, die über viele Jahre unser Gehör verwöhnt hat, zu einer lächerlichen Farce mutiert, einer klebrigen Masse aus falscher Selbsteinschätzung und nervigem Revival-Gehauche, ununterbrochen im Versuch vielleicht doch noch einen alten Ton zu erhaschen.
Die Songs erweisen sich als wässerig, flächig und irgendwie sehr künstlich, ohne viel musikalischer Herausforderung, sodaß man schon nach wenigen Minuten genervt weiterskippt, auf der Suche nach einem besseren Lied - vielleicht ja bis zu "Tolovesomebody". Das 67er Bee-Gees-Cover, welches in Kooperation mit Robert Smith aufgenommen wurde, ist soundmäßig im ganz großen "Bloodflowers"-Stil aufgezogen (bzw. abgekupfert), doch Roberts Stimme wurde lediglich für den Refrain "mißbraucht" und ist in diesem auch noch kaum herauszuhören. Vielleicht hätte Billy eher auf "Sorrows (In Blue)" ein Duo mit Chris Corner angehen sollen. Das wäre mit Sicherheit authentischer und netter geworden. "DIA" kommt mit einem schönen Aufgebot an Geigen und erinnert nicht zuletzt durch das Mitwirken von seinem besten Freund und Ex-Pumpkins-Schlagzeuger Jimmy Chamberlin (der auch bei Zwan mit von der Partie war) vor allem im Beat und im Gitarrenspiel fahrig an alte Pumpkins-Melodien, doch tut es das eben nur fahrig und leider nicht intensiv genug. Die Drumsounds sind auf jedem Song fast identisch und produziert wie auf einer De/Vision-Platte in den 80ern, die Gitarren und die Vocals liegen wiederum auf ganz normalem Soundniveau. Ob das nun Absicht ist oder nicht, spielt keine Rolle, es klingt einfach nur obskur und wird dadurch unvermeidlich ein bißchen in Richtung New Wave gelenkt. In erster Linie ist das ja nicht schlecht und endlich mal etwas neues, doch irgendwie funktioniert das Ganze mit dem offensichtlich dargelegten Hang zum alten Sound nicht so wirklich.
Die ganze Zeit möchte man den neuen Billy Corgan mögen, doch die Erinnerungen an die alte Zeit ist zu schmerzhaft, als daß man sie mit solch einem banalen Solo-Debut platt walzen lassen könnte. Immer wieder horcht man an einigen Stellen gespannt auf, wird wehmütig und hofft und erinnert, hofft und erinnert, hofft und erinnert...

Zwar ist "The Future Embrace" im Gegensatz zu dem, was sonst in letzter Zeit so an Neuveröffentlichungen erscheint, musikalisch und entwicklungstechnisch eine Glanzleistung und auch im Vergleich zum zweifelhaften Bandprojekt Zwan ist es nicht wirklich schlecht, aber von einem Billy Corgan erwartet man sicherlich mehr als nur besser als schlecht zu sein.
Ich muß also enttäuscht das Album neben das von Zwan stellen und mir mit einer heimlichen Träne eingestehen, daß der alte Billy Corgan wohl für immer ein schlechter Halloween-Joke geworden ist. Good-bye, old Charlie Brown...

Tracklist
1. All Things Change
2. Mina Loy (M.O.H.) *
3. The Camera Eye
4. ToLoveSomebody *
5. A100
6. DIA *
7. Now (And Then)
8. I'm Ready
9. Walking Shade *
10. Sorrows (In Blue) *
11. Pretty, Pretty Star
12. Strayz

* Anspieltips

Bewertung:

Fabian Fascher

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