Werle & Stankowski – Your Show

(2005 Haute Areal D)
www.werle-stankowski.de
www.hauteareal.de

Jekyll und ein bißchen Hyde.

Was passiert, wenn sich Dinge vereinen, die so gesehen eigentlich nichts miteinander zu schaffen haben oder sich, wie manche meinen, sogar auf den Tod hassen? Sie gehen entweder völlig den Bach runter und keiner spricht je wieder über sie oder das Experiment glückt und wird gefeiert und auf Samthandschuhen in die Luft empor gehoben. Hier haben wir solch einen letzteren Fall, der es tatsächlich geschafft hat. Aber wer hätte das auch gedacht, daß auf einmal ein altbackener Singer/Songwriter (Stankowski) mit einem Breakbeat-Bastler (Werle) ins Studio geht und etwas erschafft, was sich zwischen David Grey und Drum 'n' Bass abspielt und sich doch in keiner Weise beißt. Klar funktioniert so etwas nicht ohne Kompromisse: So schraubt sich der Beatbreaker einige BPM zurück und läßt Gnade über die Harmonie walten und der romantische Lagerfeuergitarrist läßt sich wunderbar auf das elektronische Gefrickel ein, ohne sich von seinem geradlinigen Gesang und seinen Folkmelodien abbringen zu lassen. Immer wieder wendet sich das Blatt, aus der Lieblichkeit recken sich knirschende Elektrosteinchen, hinkende CD-Sprungstellen und doch ist es nie aufdringlich oder öde, sondern einfach nur perfekt im Einklang mit sich selbst. Gemütliche Danceparts reihen sich auch schon mal zwischen leicht kitschige Synthie-Soundeinlagen und ein stets gesammelter, seichter Johannes Stankowski säuselt sich um den Verstand und zupft dabei seine Akustik-Gitarre gekonnt in die Welt hinaus. Immer wieder tippen einen kleine niedliche Gags auf die Schulter: So trägt beispielsweise das erste Lied den Titel "Last Song", in der zweiten Singleauskopplung "Sound Of My Guitar" gibt es zuerst persiflierende Anspielungen auf Missy Elliott und dann aus dem Nichts schneiden sich schlagartig für einige Takte wilde Drum 'n' Bass-Schneisen in die liebliche Gitarre hinein. Im Video zur Single singen dann noch die Grashalme im Chor ein fröhliches "La-la-la-love!". Und ob man sie nun mag oder nicht, charmant ist das allemal.

Neben dem Debut sind auch die beiden Singles "Throw Your Life Away" und "Sound Of My Guitar" auf Haute Areal erschienen, auf denen sich neben zahlreichen Remixen auch einige Non-Album-Tunes und die Videos befinden.

Da haben sich wohl Zwei gefunden, die es verstehen zusammen etwas Neues zu schaffen und es doch ganz gewöhnlich aussehen zu lassen, als gäbe es das schon ein Leben lang. Wer romantische Gitarrenmusik-Leichtkost mit sehr rücksichtsvollen Elektroeinflüssen und emotionalem Boom mag, legt sich jetzt dieses wunderbare Album zu.
Was sich für manche vielleicht als kleiner Nachteil herausstellen könnte ist, daß der elektronische Anteil in den 40 Minuten doch ein bißchen sehr verschüchtert auftritt und nicht gar so impulsiv und phantasiereich wie auf den Live-Gigs. Das ist ein bißchen schade, doch vielleicht ist es auch genau die richtige Mischung, die jeden noch so kahlen Raum in eine grüne, idyllische Wiese voller kleiner, brummender Elektroideen verwandelt und Breakbeat-Romantik in verschiedensten Variationen zum sprießen bringt.

Tracklist
1. Last Song *
2. Sound Of My Guitar
3. Grey
4. Throw Your Life Away *
5. Let Me See You Smile *
6. Only Lingering
7. I Like It *
8. Funny How *
9. Mother
10. Emotional Disorder
11. Your Show *

* Anspieltips

Bewertung:

Fabian Fascher

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