Monotekktoni - Tonfalle

(2004 Sinnbus-Records D)
www.monotekktoni.de
www.sinnbus.de

Selbstgespräch-Therapie unter'm Kinderzimmertisch.

Was passiert, wenn einer Frontsängerin und Gitarristin einer recht guten und erfolgreichen, deutschen Indie-Rockband noch soviel nebenbei im Kopf herumschwirrt und das alles unbedingt raus muß? Sie erfindet sich ein zweites Mal und gründet ein Solo-Projekt. Tonia Reeh alias Monotekktoni hat dies z.B. getan und das noch nicht einmal schlecht! Letzterer Name ist die Neuerfindung und er ist auch Programm. Auf jedem Gig, den sie spielt, und auch auf ihrem im vergangenen Jahr auf Sinnbus-Records erschienenden Debut-Album "Tonfalle".

Gospelähnlicher Gesang auf atmosphärischen, raumfüllenden Geräuschkulissen machen den Anfang und schneiden weirdes björkartiges Gestöhne und elektronische Beats. Das Wort "experimentell" wird hier übergroß auf jeden Track geschrieben. Lyrisch gesehen gibt es weitestgehend englische Texte, aber auch Deutsch wird hier nicht verschmäht. Den Inhalt muß man sicher nicht unbedingt verstehen. Da geht es z.B. um den "Sarg im Park deiner Seele", der sich nicht öffnet und darum, daß es uns nicht interessiert, was die Hunde bellen. Manche Textpassagen erinnern mich ein bißchen an verzweifelte Selbstgespräche, aufgenommen auf einem kleinen, halb kaputten Kassettenrecorder vom Sperrmüll. Das hat aber durchaus etwas Liebenswürdiges. Man muß sich eben nur darauf einlassen.

Wer Monotekktoni schon einmal live gesehen hat, wird nach wenigem Hören feststellen, was die Platte nicht schafft auszudrücken: Nämlich die Improvisationsmöglichkeit, die auf einem Tonträger natürlich nicht gegeben ist, jedoch unbedingt notwendig ist für diese Art von Musik. Wo jeder Auftritt von Toni einmalig anders und überaus lebhaft ist, fängt die Platte nur eine Momentaufnahme ein, ähnlich wie bei einem Photo. Jedoch sind die Lieder schön organisiert und zurecht gelegt und laden den Hörer ein auf eine Reise durch einen schmalen Tunnel der verschobenen Wahrnehmungen, der Visionen und des baumelnden Geistes. Bei einem Großteil der Songs möchte man am liebsten von einem großen New Yorker Wolkenkratzer über die ganze Stadt springen und mit jedem einzelnen Beatschlag noch ein Stückchen höher fliegen.

Ein Album für alle, die sich gerne fallen lassen (um gleich darauf wieder wild aufzuspringen und weiterzutanzen...).

Tracklist
1. Joe 5
2. Out Of The Window
3. Flausguck
4. Teppichkröten
5. Joni
6. Klebrig
7. War
8. Lima
9. Poly

Bewertung:

Fabian Fascher

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