Krabat - I Don't Groove In Your Rhythm

(2002 Privat D)
www.krabat-rocks.de

"Hausmusik für Akkordeon, Gitarre, Bass und Sequenzer"
Wozu braucht man eigentlich eine ganze Band mit echten Musikern und dem ganzen Schnickschnack! Bringt das doch eh nur die üblichen Probleme mit sich: Es gibt einen egozentrischen, aufmerksamsgeilen Frontman und sein "unwichtiges" Gefolge, was da halt so ist. Irgendwann kommen dann die ausstehenden Machtkämpfe, Mitgliederkündigungen und wahrscheinlich auch bald die Auflösung. Diesem ganzen Dilemma kann man aber ganz einfach schon im voraus Abhilfe leisten. Krabat zeigt uns, wie das geht: Man nehme einen Bauwagen, lebe in ihm, besorge sich eine (äußerst stylische) E-Gitarre, einen PC, ein Mikrophon und ein paar Maschinen. Und dann lege man einfach nur noch los. Und bei jedem anderen würde jetzt wahrscheinlich der allergrößte Mist dabei rauskommen. Nicht so bei Krabat. Er schafft es doch tatsächlich, ganz und gar im Alleingang den Hörer glauben zu machen, da spiele eine ganze Combo. Und wer Krabat noch nie live gesehen (oder dieses Review gelesen) hat und dem schriftlichen Inhalt des Booklets nie besondere Aufmerksamkeit schenkt, der wird vielleicht noch heute davon ausgehen... Krabats Debut-Scheibe "I Don't Groove In Your Rhythm" ist auf keinem Label erschienen, die CD ist aus eigener Produktion und mühevoll bedruckt worden und ebenfalls das selbstgeklebte Cover zeigt ein recht einfallsreiches Schwarz-Weiß-Bunt-Bild mit eindeutiger Geste gegen "das" System. Ein einprägender Schriftzug, dessen Farben etwas von Graffiti an sich haben, sagt "Krabat", und ob es nun an das berühmte Kinderbuch oder an das glorreiche Theaterstück erinnert, sei dahingestellt, es ist einfach abgefahrene Musik! Am Anfang setzt seichte Pizzicato-Gitarre, elektronisches Schlagzeug gesellt sich hinzu und dann lenkt eine raunende, schleichende Stimme die Aufmerksamkeit des Hörers auf sich und schwenkt zum Refrain hin abartig schnell um in ein wildes Gegröle zu noch wilderen E-Gitarren-Riffs. "This is the only message of this song: love and do what you waaaant!" heißt es da. Und "What should I do now!". Gekreischtes, Gesungenes und auch Gesprochenes - dieses Album birgt alles. Die Sounds sind vielseitig bis zur Verwirrung und so erfindet man plötzlich ganz neue Wortschöpfungen wie "Reggae-Metal" oder dergleichen. Der Song "Rather Live In Stone Age" beginnt mit "Oi-yu-yu-yu-yu-yu-yu-yu, welcome ev'rybaddie!...." und gebrochenem jamaikanischem Englischakzent und wie es klischeehafter nicht mehr zu toppen ist, darf ein "Babylon" natürlich nicht fehlen. Das Arrangement erinnert ein bißchen an die Asian Dub Foundation in ihren frühen Tagen. Also, zumindest bis zum Refrain. Da breakt dann alles komplett um in Prodigy-artigen Punk Rock. "Rage And Melancholy" fängt sehr schön an und läßt dann leider alle Hoffnung auf ein gutes Ende ersticken in endlosem Herumprobiere. Das ist aber der einzige Fall, bei dem mir persönlich nach Weiterskippen war. Mein persönlicher Favorit ist "Walk". Ein einfühlsamer Song, der vom Vergessen und Bedauern handelt und nach der ersten Strophe angenehm und anmeldend immer lauter und intensiver wird. Den Schluß macht ein bewundernswertes Gitarrensolo, welches sich vom spielerischem Niveau der anderen Lieder deutlich abhebt.

So alleine Krabat ist, so vielseitig und selbstständig ist er auch und so treffen sich auf einer Platte elektronischer Punk, schelmischer Reggae-Metal, stumpfe Synthie-Beats und liebliche Gitarren-Akkordeon-Solo-Atmosphäre zu Kaffee und Kuchen. Und das eigentliche Wunder daran ist: Sie verstehen sich allesamt und kommen prima miteinander aus. Ungewöhnlich, aber wahr. Man möchte diese Platte den ganzen Tag unter einer Brücke hören. Umgeben von vielen kleinen Tierchen an einem fließenden Bach. Oder auch ganz einfach bei allem anderen, was man so täglich tut. Nur sollte man sich an Krabat nicht überhören! Nicht, daß er dann irgendwann langweilig ist. Und außerdem gibt es ja noch eine CD... ;-)
Auf diesem Album persifliert alles mit jedem und man weiß nicht, ob man Krabat ernst nehmen oder einfach nur wild drauf los tanzen soll.

Ein Album für Entdecker, Sucher und Finder.

(Die Alben könnt ihr übrigens auf seiner Homepage zu äußerst fairen Preisen kaufen oder auch testweise in einige Stücke hineinhören.)

Tracklist
1. Love And Do What You Want
2. No More Slavery
3. Rather Life In Stone Age*
4. Hausmusik für Akkordeon, Gitarre, Bass und Sequenzer
5. Private Revolution
6. Baby Don't Wait
7. Right Now Anyhow*
8. Peter Kafka*
9. Rage And Melancholy
10. Promise
11. Walk*
12. Lost In Me

* Anspieltips

Bewertung:

Fabian Fascher

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