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Light'ning Spark – A Streetcar Named Desire
(2005 Noisy Entertainment D)
www.light-ning-spark.de
All jenen, welche die Neuadaption von Tennessee Williams A Streetcar Named Desire im Tacheles in Berlin gesehen haben, wird noch die atemberaubende Musikgestaltung in Erinnerung sein, mit welcher die Pausen zwischen den Szenen erfüllt gewesen waren. Die dafür verantwortliche Gruppe Light'ning Spark hat nun auch das dazugehörige Album herausgebracht, das nun ein Hörvergnügen abseits der Bühne garantiert.
Man muss die Platte im Sinne eines Soundtracks verstehen. Wesentlich bekannter erscheint dieser Begriff im Zusammenhang mit dem Medium Film (vorrangig Großproduktionen), wo der Rezipient vereinzelt kurze Musikausschnitte wahrnimmt, die dann im Gewebe der Handlung wieder untertauchen und derart konzipiert sind, dass der Plattenverkauf mit den Einnahmen der Boxoffice gekoppelt wird. In diesem Sinne wird versucht, möglichst eingängige (oder auch bekannte) Melodien einzuschleusen, die dem Zuschauer eine Identifikation abseits der Leinwand erlauben und dieser dann bei nächster Gelegenheit in den Laden stürmt, um die gesamte Einnahmenphilosophie der Produktionsfirma anzukurbeln. Als Extras sind dann meist noch markante Dialogstellen zu finden sowie ein Booklet mit Hochglanzbildern der Stars und sonstigem Flitter.
Das Album A Streetcar Named Desire ist vorerst gänzlich anders konzipiert, nämlich wie eines aus der Popindustrie mit ganz gewöhnlichen Absichten. Dennoch könnte man sich die eigenwilligen Interpretationen zum Stück sowohl im Theater wie auch im Vorgarten vorstellen. Sie fungieren teilweise unabhängig und frei von jeglichem Druck, nur im Zusammenhang mit dem Stück wahrgenommen zu werden. Vierzehn Lieder sind zu hören, davon vier verschiedene Variationen des Themas "I will love" (der Soundtrack lässt grüßen). Diese dienen als Kernpunkte, um welche die anderen Kompositionen kreisen. Frontman Björn Evermann ist hauptverantwortlich für die Arrangements, wobei auch andere Bandmitglieder ihren großen Auftritt haben, allen voran, Violinist Felix Isenbügel.
Schon das Titelstück verweist auf einen ganz eigenen Stil, geprägt von den Einflüssen des US-Collegepoprock, der Classic-goes-Pop-Phase und auch Elementen von Nick Cave. Fast eine Spur zu beschwingt für die Tragik der theatralen Vorlage dringt die erste Nummer ins Gehör, als perfekt getimter und hitverdächtiger Ohrwurm. Interessant ist im weiteren Verlauf, wie sich schwere, monotone Stücke mit eingängigen leichten Melodien abwechseln, wobei einiges bereits ins filmische Soundtrackexperiment abdriftet (beispielsweise "Beloved Heart"). Zweifellos die herausragendste Komposition ist "Catastrophy", welche schon an Kammermusik erinnert, mit Isenbügels melancholischer Geige, die den Rhythmus vorgibt, und Evermanns hellen Gesang (eine charmante Mischung zwischen Wiener Sängerknaben und Annie Lennox) begleitet. Nach zwei poppigen (leider etwas belanglosen) Nummern kommt mit "Broken Tower" ein schönes, wunderbar improvisiertes Stück, das im Vergleich mit dem Rest aus dem Rahmen fällt. Leider etwas kurz geraten und als Interpretation gedacht ist auch "Blue(s) Piano" im Stile "Play it again Sam". Ein weiterer Anspieltipp ist schließlich noch "Flores Para Los Muerta", das schwer an das Duett von Nick Cave und Kylie Minogue erinnert.
Ausgeblendet werden darf hierbei natürlich nicht die Intention, dem Theaterstück ein musikalisches Gesicht zu verleihen, ähnlich wie bei der Filmkomposition, wobei in diesem speziellen Fall, die Musik nicht die Bilder kommentiert, sondern das Gedankenspiel während den Aktpausen beschwört. Konnotationen tauchen auf, wenn die Band ins Stück eindringt und zu den Figuren zu sprechen scheint. All das kann der Soundtrack nicht bieten, vielmehr muss er abseits vom verbündeten Medium ein Eigenleben entfalten. Die Trennlinie hierbei bleibt unscharf: Will ich mit der Bilderbegleitmusik einen Raum erfüllen oder habe ich mich der Nostalgie verschrieben? Hat sich das Produkt "Soundtrack" nur der Erinnerung verpflichtet oder agiert es selbstständig als eine Ansammlung alter Evergreens, die zufällig ganz gut in die erzählte Geschichte passen?
Bei A Streetcar Named Desire erfüllen sich beide Ambitionen. In dieser Platte steckt wohl das Geheimnis, wie Filmmusikarrangement und eingängige Popmusik sich miteinander vereinen.
Tracklist
1. A Streetcar Named Desire (intro)
2. A Streetcar Named Desire
3. I Will Love (main theme)
4. Beloved Heart
5. Catastrophy
6. One Way Ticket
7. I Will Love (theme variation pt. I)
8. What's She Like
9. The Broken Tower
10. Blue(s) Piano
11. Paper Moon
12. I Will Love (theme variation pt. II)
13. Flores Para Los Muerta
14. Unexpected Mind
15. I Will Love
Bewertung:
Michaela Drescher
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