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The Cure - The Cure
(2004 Geffen Records UK)
www.thecure.com
www.geffen-records.com
Nun, einen großen Bezug zu The Cure hatte ich lange Zeit nicht besonders, was ich heute auch sehr bedauere, aber seit ich "Disintegration" und "Bloodflowers" gehört habe, bin ich Robert Smith und seinen Weggefährten hilflos verfallen. Ja, man könnte sogar behaupten ich hätte mich verliebt.
Das neue, mittlerweile 13. Studioalbum "The Cure" liegt nun in meinen Händen und das Cover trifft schon mal mitten in meinen Begeisterungsnerv. Ein gutes Zeichen. Mich haben die Cover von The Cure eigentlich schon immer fasziniert. Neulich habe ich gelesen, daß Smith all diese Kreaturen von seinen Nichten und Neffen zeichnen lies. Alle die, die noch unter 18 sind, sollten einen guten und einen schlechten Traum malen und was dabei herausgekommen ist, spricht Bände (für sich). Im ganzen Booklet sind solche Abbildungen verstreut (und sie erinnern mich ein bißchen an Zeichnungen von geistig verstörten Kindern aus nicht ganz intakten Familien, die von einem Psychotherapeuten gebeten wurden ihre Welt zu malen, wie sie sie sehen).
Als ich das Album zum ersten Mal in meinen CD-Player lege, ist es in etwa so, wie wenn man eine alte Keksdose nach langem wieder öffnet und einem der vertraute Duft von Lebkuchen oder Mandelplätzchen entgegen steigt. Wo die beiden ersten Lieder, "Lost" und "Labyrinth", noch ein bißchen schleppend sind und nicht recht anfangen wollen, haut dann spätestens Nummer 3, "Before Three", einen den geliebten und vermißten Cure-Sound um die Ohren und nimmt den Hörer mit auf eine insgesamt 55 minütige, vertraut düstere und melancholische Achterbahnfahrt der Gefühle. Die aktuelle Single "The End Of The World" ist ein Song, der erst zum Ende hin richtig aufblüht. (Live auf dem Hurricane hat es mir mit intensiverem Gitarrenarrangement allerdings ein bißchen besser gefallen.) Das nachfolgende Lied, "Anniversary" ist ruhig und einschläfernd und plätschert ein bißchen im gewohnten Cure-Fahrwasser vor sich hin. "Us Or Them" sollte höchstwahrscheinlich ein Nachfolger von "Out Of This World" (Album: "Bloodflowers") werden. Es wurde haargenau die gleiche Anfangsmelodie verwendet und es ist auch sonst sehr in den Harmonien seines Vorgängers gehalten. Klingt aber gut und nicht etwa langweilig abkopiert wie ein schlechter zweiter Teil eines Films. "alt.end" hat mich persönlich sehr angesprochen. Der Song ist klar und sauber wie ein geschliffener Diamant und wird wie schon früher bei "Cut" (Album: "Wish") untermalt von treibenden Drums. Die restlichen 6 Lieder wurden in einer sehr harmonischen Reihenfolge angelegt, sodaß sich kein Tune mit dem anderen beißt. Es ist ein ideales "Durchhör-Album", bei dem man nachdenken, beisammen sitzen, ein Buch lesen oder mit dem Auto unterwegs sein kann. Alles kein Problem. Manchmal rutscht Robert Smith in ungeahnt hohe Stimmlagen hinein oder klingt so weinerlich grausig, wie wir es gerne von ihm gewohnt sind. Seine Stimme ist, wie auf jedem anderen Album auch, wie immer ein Hochgenuss und bis zum Anschlag geladen mit geballter Emotion.
Dafür, daß sie das Album mit Limp Bizkit, koRn, Slipknot und Vanilla Ice (uhuhu...)-Produzenten und Seelenumkrempler Ross Robinson aufgenommen haben, sind sie ihrem Stil erstaunlich treu geblieben. (The Cure sind eben unverfälschlich!) Denn es heißt ja, daß Robinson seine Opf... ähm, Künstler immer sehr intensiv bearbeitet und traktiert, bis er bekommt, was er sich vorstellt. (Dazu konnte man übrigens ein schönes Interview in der Juli-Ausgabe vom Musikexpress lesen. Smith erzählt dort ausführlich über die Zusammenarbeit mit Robinson und den Weg zu einem sogenannten, wie er später in einem anderen Bericht meint, "Neuanfang".)
Für potentielle Slipknot-Fans, die Cure noch nie wirklich gemocht haben, aber hofften, Robinson färbe ein bißchen auf sie ab, ist also auch dieses Album nichts. Leute, die Cure lieben, dürfen hier nicht etwa neues erwarten sondern vielleicht eher ein "Bloodflowers Part Two" gespickt mit den besten Elementen der letzten 25 Jahre. Mit dem kleinen Unterschied, daß alle 12 Lieder ohne Kompromisse live im Studio eingespielt wurden. Bis jetzt ist es ihr zweites Studio-Live-Album. Jedoch hat Smith einen Vertrag für 3 neue Alben unterzeichnet. Man darf also gespannt sein...
In manchen Reviews habe ich gelesen, das neue Album sei sehr metallastig, aber unter Metal stelle ich mir ehrlich gesagt etwas anderes vor. Es ist The Cure, vielleicht ein klein wenig härter als gewohnt. Es ist The Cure unter Regie eines etwas eigenwilligen Produzenten. Es ist The Cure 2004. Nichts anderes.
"The Cure" ist definitiv nicht das Beste, was die "Grandfathers of New Wave" je abgeliefert haben, aber Robert Smith so wie auch Ross Robinson (Smith war bei der Produktion für dieses Album auch wieder mit von der Partie) haben viel aus sich und den anderen herausgeholt und das hört man gut und gerne. Leider ist nicht zu überhören, daß viele Lieder lange nicht so energiegeladen wie frühere Werke sind. Auch die ewig langen instrumentalen Vorspiele, die typisch für Cure sind, oder die Stücke, die manchmal bis zu 11 Minuten liefen, vermisse ich ein wenig. Auf Dauer ist das Album ein bißchen monoton und nicht so ein Dauerbrenner wie "Bloodflowers" oder "Wish" und ich bekomme ein ganz bestimmtes Sprichwort trotz großer Euphorie leider einfach nicht aus meinem Kopf heraus... 'Man sollte immer dann aufhören wenn es am schönsten ist.'
Bewertung:
Fabian Fascher
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