Deerhoof - Milkman

(2004 Kill Rock Stars USA)
deerhoof.killrockstars.com
www.killrockstars.com

Also, aus dieser Band werde ich einfach nicht schlau. Ich mag sie, das steht außer Frage, aber: wie kann man bitte so krank sein? Das Cover (wie gerne würde ich es hier abdrucken...) zeigt einen Geist, dem eine Banane im Hinterteil, eine Banane in der Brust und eine Erdbeere im Kopf stecken. Aus all diesen Löchern blutet er obendrein noch (logisch?). Ich habe alles mögliche vergebens durchprobiert – mit nichts bekam ich eine solche Phantasie... Die Musik klingt nach zwei Alben purem Krach schon um einiges geordneter und substanzvoller. Nur ist das nun wirklich kein Vergleich. Immer noch aggressiv und unkontrolliert, verträumt und melodramatisch werkeln sie wild drauf los. Nach langen Probezeiten klingt Deerhoof nicht, aber wer auf dirty Sound steht, sollte unbedingt Nachforschungen anstellen, denn diese Band ist nicht leicht zu bekommen. Die Gruppe erinnert nicht zuletzt wegen der Besetzung (die Japanerin Satomi Matsuzaki und die drei Jungs) ein bißchen an Blonde Redhead oder Enon. Und auch die Musik, die sie fabrizieren, schwingt zwischen No-Wave, Psychedelic und Garagenrock umher. Jedoch kann man das irgendwie nicht vergleichen. Deerhoof bieten hier wie immer erst den weichen, gemütlichen Stuhl an und ziehen ihn dann abrupt weg, wenn man sich setzen will. Zarte Melodien und lieblicher Frauengesang mischen sich hier mit ruppigem No-Wave-Gelärme. Mit verrückten Instrumentierungen (manchmal sogar einer Trompete) überzeugen sie in erster Linie in Sachen Kreativität. Die Texte von Sängerin Satomi Mazusaki bringen den Hörer nicht unbedingt auf den Boden klar verständlicher Tatsachen, laden ihn aber ein in eine Welt aus Metaphern und manchmal einfach auch nur wirrem Wortgelaut...: "Milk man sleeps on the roof in the noon, Banana stabbed to the arms, Weird man, Ooh la la" oder "Strawberry fields banana trees, Banana fields strawberry trees, happy to fly all over fields so real, Strawberry fields banana trees, Sneakers are new and so fit so well, Skipping all over with these shoes, Oh speed".
Am liebsten würde ich noch die restlichen Texte abdrucken, aber die Rechte, ihr wisst... Jedoch vielleicht führt euch eure nächste Internet-Session ja rein zufällig auf die glorreiche Seite http://deerhoof.killrockstars.com... Dort kann man sich unter anderem das neue Live-Album "Bibidi Babidi Boo" kostenlos herunterladen.
Deerhoof haben verrückte, nicht ganz nachzuvollziehende Songideen, die sie auch genauso umsetzen. Milkman ist ein ausgesprochen lebendiger und bunter Frucht(!)cocktail und inmitten dieser ganzen Erdbeerbäumchen und Bananenfelder spielt ein kleines Kind namens "Unentdecktes Talent" verstecken mit den A.R.-Agenten und der Presse. Was mich an No-Wave-Gruppen wie Deerhoof und Blonde Redhead besonders freut ist, daß sie der lebende Beweis dafür sind, daß es wahrlich noch Bands gibt, die einfach das machen, was sie wollen. Das hat natürlich meist den Nachteil, daß sie recht unbekannt bleiben, aber wer wirklich gute Musik hören will, streicht die McDonalds-Charts-Show besser von seinem Tagesprogramm und macht sich gefälligst (selber) auf die Suche! Wir essen in der Regel ja auch keine vorgekaute Nahrung!
Ein ideales Album für Milchmänner (gibt es eigentlich überhaupt noch Milchmänner?! Brrr...). Die fünf Sterne in der Bewertung bekommt das Album von mir nicht unbedingt wegen perfektem Sound und durchdachten Liedern sondern eher für Kreativität und Originalität. Ein riesiges, großes Dankeschön an Bands wie Deerhoof dafür, daß man dank ihnen in diesem ganzen Sumpf noch so etwas Gutes finden darf! Danke, daß ihr euch selbst treu bleibt. Danke, daß ihr so unermüdlich weitermacht und so zahlreiche Alben produziert! Danke, daß es euch gibt. Dankedankedanke...

Bewertung:

Fabian Fascher

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