Soulmate - Revolving

(2003 Make My Day-Records D)
www.soulmate-music.de
www.makemydayrecords.de

Ich habe noch die erste Platte von Soulmate vor Augen. Ich glaube, sie hatte ein rotes Cover und war im Stil sehr punkig gehalten. Die neue, 2003 erschiene Platte "Revolving" der 6 Düsseldorfer ist dagegen ein etwas ruhigeres, besonneneres Album. Womit sie schon mal vielen deutschen Bands, die auf Englisch singen, weit voraus sind, ist ihr Akzent. Sie haben nämlich keinen! Man hört gar nicht oder höchstens schwer heraus, daß Soulmate aus Deutschland kommen. Das ist lobenswert.
Sehr lustig fand ich den Zettel, den Make My Day -Records beigelegt hat. Sie beschreiben Soulmate als "In the vein of Placebo". Da mußte ich schon etwas schmunzeln. Also erstmal, weil man seine eigene Band nicht mit anderen vergleichen sollte, und dann auch noch so unpassend. Ich würde es eher als (und jetzt paßt auf, es wird ein komplizierter Satz!) von Studenten gemachte und von Leuten die zu WOM gingen und fragten 'Habt ihr was was wie Placebo klingt' konsumierte Musik". Der Sänger hat scheinbar manchmal vorgehabt so zu klingen wie Brian Molko. Ging aber nach hinten los und kann man glücklicherweise überhören. Wahrscheinlich deshalb der Vergleich. (Vielleicht aber auch nur, weil der Name der Band leichte Erinnerungen an ein sehr schönes Lied von Placebo weckt...)
Was das Artwork ihres Covers und ihres Booklets angeht, hätten sich die sechs Semesterkollegen aus Hintervorpommern vielleicht besser ein Beispiel an Seachange genommen und ein bißchen die Straßen von Düsseldorf photographiert... Die Bilder sind nämlich eher doof als interessant und zeigen... also, ich versuche das mal zu beschreiben:

Seite 1 (Das Cover): Ich dachte ja erst, der lustige Knilch in Denkerpose und das verkrüppelte Radio auf der Rückseite solle ein Scherz oder eine Parodie auf etwas sein, aber später mußte ich erfahren, daß dieser verkrüpp... äh, lustige Knilch der Keyboarder des Sextetts ist. Nun, ich habe bei weitem schon originellere Coverideen zu Gesicht bekommen und ganz nachvollziehen kann ich dieses Bild auch nicht. Es ist stumpfsinnig. Hmm... und wenn es jetzt ganz einfach die Stumpfsinnigkeit verkörpern soll?... Nein, man sollte darüber nicht nachdenken.
Seite 2: Proberaum mit einigen Gegenständen (vermutlich absichtlich unaufgeräumt...) An der Wand hängt ein eingerahmtes schwarz/weiß Bild von einem Bauch auf dem in altdeutschen Buchstaben 'Soulmate' tätowiert ist. Leute, wer zur Hölle würde sich 'Soulmate' tätowieren?!
Seite 3-5: Verschiedene Musiker zeigen sich hier in ihren Wohngefilden. Ich dachte, ich wüßte bereits was spießig ist, aber das, Leute, das ist schon pervers!
Seite 6: Eine Küche mit Schachbrettmusterboden. Eigentlich gar nicht so häßlich. Aber mir fehlt wahrscheinlich der Bezug zu dieser wunderbaren Küche als das ich jetzt etwas groß-artiges aus diesem Bild herausinterpretieren könnte...
Seite 7: Hurra! Der erste Musiker aktiv! Der (uns mindestens seit dem Cover gut bekannte) Keyboarder hinter seinem Roland. Irgendwie sieht er hier besser aus. Wahrscheinlich liegt es daran, daß er auf diesem Photo nicht so dämlich in die Kamera schaut.
Seite 8 & 9 (Doppelseite): Der Proberaum vollgestopft mit allen 6 Mitgliedern. ("Isch wedde, daß isch sechs düsseldorfer Hard-Rogger in den kleinschten Proberaum der Welt bekomme..." Top, die Wette gilt!)
Seite 10: Spießige Zimmer Part Two! (Ohne Worte.)
Bild a: Musiker sitzt auf Sessel und guckt.
Bild b: Musiker in einem (spießigen) Flur mit Motorradhelm auf dem Kopf gegen die Wand gelehnt. Es sollte wahrscheinlich lustig aussehen, aber es kommt eher so rüber, als würde ihm gerade klar geworden sein, daß er es auch hätte weit bringen können.
Seite 11: Die Küche mit einem Musiker in Flip Flops. Ich sage dazu nichts, denn, Leute, ich hasse Flip Flops!!! Pluspunkt für ihn, daß er sie nicht mit Socken trägt. Vielen Dank!
Seite 12: weiß. (Gefällt mir bis jetzt am besten.)
Seite 13: Proberaum die Dritte. Vollgestopft mit Instrumenten und ohne Soulmate. (Schon besser!)
Seite 14 & 15: Texte. Sie sind genau das, was der Name der Band nicht verspricht: simpel, langweilig und flach. Ideal für Leute die Englisch lernen wollen. Nicht geeignet für Denker, Lyriker und Leute, die sich Alben auch wegen den Texten kaufen.

Ihr seht, Soulmate sind sehr seelenverwandt mit der Selbstverherrlichung. Nach einmal durchblättern sinkt der Interessenfaktor ins Unermessliche. Und an alles was ich mich erinnern kann, ist die weiße Seite...

Aber nun genug des Lästerns. Die Musik ist im Gegensatz zum Artwork gar nicht schlecht. (Wobei das ja eigentlich ein eher ungerechter Vergleich ist, denn: Alles ist besser als dieses Booklet!) Schöne Melodien, die man sich unterbewußt sofort einprägt, um sich dann später auf der Straße heimlich dabei zu ertappen, wie man plötzlich "Shining Star" leise vor sich hinträllert . "Meccano" beginnt haargenau wie "In The Shadows" von The Rasmus, schwenkt nach dem Intro aber galant über in etwas eigenes und endet glücklicherweise nicht als eine misslungene Kopie. Die Songs haben alle etwas Befreiendes und lassen einem irgendwie einen großen Stein vorm Herzen fallen. Warum auch immer, denkt man sich, denn es ist doch eigentlich gar nichts passiert. Man befindet sich das ganze Album über in so einer gewissen Sehnsuchtsstimmung. Und nach 35 Minuten ist dann alles wieder gut.
Insgesamt sind alle Lieder angenehm, harmonisch und nicht aufdringlich, jedoch auch sehr simpel. Also wenn ihr einfach mal nette Hintergrundmusik sucht, ist Soulmate genau das Richtige. Ein Evergreen-Album habt ihr damit allerdings nicht gefunden und man wird nicht lange über sie reden. Dazu muß man sie, glaube ich, schon persönlich kennen. Die Lieder sind wie ein Haustier für kleine Kinder. Erst ist es im ersten Moment super spannend und toll und irgendwann wird es dann langweilig und liegt nur noch in der Ecke herum. Wer das vermeiden will, sollte Soulmate nicht 24-7 hören. Es besteht starke Wegleggefahr.

Das mit "Revolving" und mir hat sich wohl zu einer Art Hassliebe entwickelt. Das Milieu der Musiker ist mir ein wenig suspekt und ich kann sie nicht so ganz ernst nehmen. Auch das Booklet, was meiner Meinung nach sehr viel über eine Band aussagt, war sehr enttäuschend.
Jedoch haben mich viele Lieder schon durch den Tag begleitet und ich habe langsam eine Art persönliche Beziehung zu manchen aufgebaut, wie man das eben mit Liedern macht, die man (ein bißchen) mag. Sie lohnen wirklich mal gehört zu werden. Aber wirklich nur mal!

Auch hier möchte ich an dieser Stelle wieder eine Kategorie in den Raum stellen. Sie ist aber diesmal weniger spektakulär: Es ist schlicht und ergreifend "Peaceful-EasyListening-Background-Indie-Studenten-Rock". Kein einziges böses Wort. Keine aggressiven Melodien. Gut geeignet für zarte Gemüter, Rasmus-Fans und Ex-Junkies in der Midlifecrisis.

Bewertung:

Fabian Fascher

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