Schleim Keim – Mach dich doch selbst kaputt

(1995 Höhnie Records/Nasty Vinyl D)

Wer glaubt, dass es damals in der DDR keine Punkmusik mit der dazugehörigen Szene gegeben hat, der irrt. Trotz zahlreicher staatlicher Restriktionen, blühte der Punk, so gut es halt ging, und brachte schon Jahre vor dem Mauerfall zahlreiche Bands dieser Richtung hervor, die sich als alles andere als regimekonform erwiesen. Zu diesen Bands zählt auch die Formation Schleim Keim aus Erfurt. Diese Jungs hatten wirklich mit ganz anderen Problemen zu kämpfen als ihre Kollegen im Westen. Diese Tatsache wird eindrucksvoll mit dem im CD-Booklet enthaltenen Interview mit Otze deutlich, der "Seele" von Schleim Keim. Umso erfreulicher ist es, dass Schleim Keim auch nach der Wende noch weiter bestehen konnten. Mit der CD "Mach Dich doch selbst kaputt" setzten die Jungs 1995 ein kräftiges Lebenszeichen. In Liedern wie "Ata, Fit, Spee", "In Gotha gibt's nen Laden" und "Spitzel" rechnen sie mit der DDR ab. Mit "Haben, haben, haben" und "Geldschein" geht es dem Materialismus und dem Kapitalismus an den Kragen. "Mach Dich doch selbst kaputt (bevor es jemand anderes tut)" ist auch ein drastisches Motto, das aber auf jeden Fall für drastische Zeiten gilt, und wer könnte davon besser ein Lied singen als Schleim Keim. Apropos "Lied singen": Musikalisch gesehen klingen Schleim Keim vor und nach dem Mauerfall eindeutig nach Punk. Ganz ohne Schnörkel, reduziert auf das Nötigste wollen sie aufrütteln, nicht einlullen, daran hat sich seit Jahren nichts geändert. Wut aber auch Freude werden mit einem unverkennbaren Thüringer Dialekt gleichermaßen brachial hinaus gebrüllt. Wer Punk schon immer als Krach bezeichnet hat, dem kann man in diesem Fall nicht wirklich widersprechen. Aber das stört hier nur wenig!
Fazit: Neben Liedern, die im "geeinten" Deutschland entstanden sind, enthält "Mach Dich doch selbst kaputt" nämlich auch alte Lieder, die trotz der allgegenwärtigen "Stasi" entstehen konnten. Mit dieser CD enthält man also als geschichts- und subkulturinteressierter Mensch einen Einblick in die "Grauzone" einer Epoche (und als punkinteressierter Mensch darüber hinaus eine tolle Scheibe).

Tracklist
1. Kriege machen Menschen
2. Ata, Fit, Spee
3. Haben, haben, haben
4. Bundesrepublik
5. Spione im Café
6. In Gotha gibt's nen Laden
7. Mach dich selbst kaputt
8. Faustrecht
9. Sigrun
10. Mit dem Knüppel in der Hand
11. Abfallprodukt der Gesellschaft
12. Frage der Zeit
13. Spitzel
14. Mein Garten
15. Ich schau in Deine Augen
16. Schläger bedrohen unser Leben
17. Mein Weg
18. Der Diktator
19. Geldschein
20. Ich bleib hier
21. Keine Wut mehr im Wanst

Bewertung:

Marlies Staudacher

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