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Girls & Boys
Die Gegend um den Karlsplatz hat sich in letzter Zeit zu einem der interessantesten Gebiete für abendliches Amüsement in Wien entwickelt. Sollten ob der zahlreichen zwielichtigen Gestalten die U-Bahnstation und die Unterführung zur Oper am späten Abend eher schnell überwunden werden, so erwartet einen oberhalb des Untergrundes eine große Auswahl an Unterhaltungsmöglichkeiten. Zu den Highlights der Umgebung zählt sicherlich das Kunsthallencafe zwischen dem U-Bahnausgang Karlsplatz und der Technischen Universität. Wo einstmals die wenig ansehnliche Kunsthalle ihren Platz fand, befindet sich seit einiger Zeit versteckt hinter einem Versorgungsgebäude der U-Bahn dieser wunderbare Glaskasten. Neben einer Bar mit angeschlossener Terrasse, wo unter anderem köstliche Cocktails serviert werden, gibt es zwei große Veranstaltungsräume. In diesen finden nicht nur wechselnde Ausstellungen sondern auch fast jedes Wochenende Konzerte statt.
An diesem Abend hatte uns die Präsentation der neuen Single "Images Of Girls" der österreichischen Band Zeronic in diese modernen Räumlichkeiten verschlagen. Leider auch Hunderte (?) anderer Besucher, sodass der viel zu winzige Raum randvoll mit musikbegierigen Fans war. Kein Wunder, so stimmte schon ein edler Sektempfang bei guter Musik auf die kommenden Ereignisse ein. Die Show begann nach der Begrüßung der Gäste und ein paar einführenden Worten mit der Präsentation des neuen Videos zu "Images Of Girls". Dieses ist in zwei sich abwechselnde Szenerien aufgeteilt: Erstere zeigt die fünf Musiker vor einem undefinierbarem weißen Hintergrund auf Podesten stehend ihr Stück interpretieren. Bei der anderen wird Sänger Mik von fünf Traumfrauen umgarnt. Dabei taucht die vom CD-Cover bereits bekannte blonde Schönheit auf, welche sich nach ein paar Streitigkeiten der Damen untereinander schließlich durchsetzt und ungeniert mit dem Frontmann flirten darf. Dabei wird passend zur Musik mit schnellen Schnittfolgen gearbeitet. Dem Publikum schien das Video sehr zugesagt zu haben, denn die anschließend auf die Bühne stürmende Band wurde frenetisch begrüßt.
Dabei war die Bühne ebenfalls mit Podesten bestückt, auf denen die Künstler Stellung bezogen und sogleich loslegten. Umringt von jubelnden jungen Menschen wurden neben der neuen Single auch ein paar weitere Hits dargeboten, die von den Fans begeistert aufgenommen wurden. Einige Menschen tanzten – was sich in der bedrängten Umgebung schwierig erwies: Schließlich wollte man keinen der rockenden Helden von ihren Podesten stoßen. Überhaupt hoben sich diese aus der Masse ab, Lichtstrahler vermittelten den Eindruck eines Großkonzertes. Gleichzeitig herrschte durch den engen Raum mit viel Körperkontakt eine fast familiäre Atmosphäre, die die Show zu einem einzigartigen Erlebnis werden ließ. Neben der interessanten Szenerie verzückte auch die Beleuchtung, die die Musiker mal in gleißendes Weiß, mal in grelles Grün, kühles Blau oder erotisches Rot hüllte.
Die Songs wurden sehr geradlinig mitreißend vorgetragen, so dass eine euphorische Stimmung den Raum durchfloss. Die Musik beinhaltete neben Britpop- und New Wave-Elementen auch verschiedenste Einflüsse von Nick Cave bis Blur, mal glaubte man David Bowie zu hören, manchmal Depeche Mode, mal erinnerten sie an die Hives bis hin zu den Strokes. Dennoch behielten sie ihren eigenen Stil, der sich in den letzten Monate deutlich weiterentwickelt hatte und sich durch eine einzigartige Dynamik offenbarte.
Jeder fühlte sich der Band ganz nah und konnte die versprühten Energien spüren. Vereinzelt konnten auch trotz höchster Platznot tanzende Fans ausgemacht werden, die ihren übersprudelnden Emotionen freie Bahn ließen. Leider versagte bei so viel Power zum Ende des Konzertes die Bassgitarre von Miller, so dass diese dann in Jimi Hendrix Manier auf den entsprechenden Verstärker nieder krachte. Der Bassist zeigte sich bei den abschließenden zwei Stücken aber keineswegs frustriert, sondern animierte abwechselnd auf seinem Podest als etwas stark bekleideter Tabledancer und übernahm am Mikro passagenweise die Gesangsrolle.
Den Ausklang des Abends fand durch einen exzellenten DJ statt, der alles spielte, was in der jüngeren Musikvergangenheit Rang und Namen hat, Zeronics Auftritt wurde so wunderbar ergänzt. Nun konnte endlich getanzt werden – auch vor der Tür, noch mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
Stefan Kuper & Eva Fischer-Ankern
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