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Musikfestwochen Winterthur
Rock Night mit Redwood, Disgroove, The Feelers und Velvet Revolver
So, endlich bin ich auf dem Weg nach Winterthur, zu den 29. Winterthurer Musikfestwochen.
Winterthur liegt ca. 20 km neben Zürich. Mit seinen 80.000 Einwohner gehört die Stadt zu den 5-6 größten Städten der Schweiz. Bekannt ist Winterthur auch als Austragungsort der Deconstruction bzw. Reconstruction Tour. Darüber hinaus verfügt Winterthur mit dem Gaswerk über eine Konzertlokalität, in dem die Freunde alternativer Musik voll zum Zug kommen.
Sicherheitshalber frage ich auf halber Strecke mal nach, wo sich denn die Lokalität in der Stadt "versteckt" hält, damit ich anschließend nicht ewig am Bahnhof rumstehe und noch später komme als ohnehin. Diese Paranoia erweist sich jedoch bald als eher unbegründet, da sich das Areal mitten in der Altstadt von Winterthur befindet (also ca. 200 m vom Bahnhof entfernt). Das ganze ist echt stark, ein Openair mitten in einer Altstadt, so was hab ich noch nie gesehen.
Das ganze Areal erstreckt sich zwischen zwei Häuserreihen, wobei die Bühne sich am breitesten Teil auf dem Marktplatz befindet. Als erstes mache ich mir mal ein Bild, wo ich denn was zu essen kriege, denn ich fühl mich irgendwie schon sehr ausgehungert. Das großzügige Angebot an verschiedenen Essensständen macht die Wahl zwar nicht leicht, garantiert jedoch, dass für jedermann was dabei ist. Von der Bratwurst zum Döner oder von Crepe bis Ökofood ist alles vertreten. Schlussendlich entscheide ich mich für ein Süsskartoffelgratin mit Hackfleisch und Lauch.....Schlicht der Hammer, wenn da bloß nicht der saftige Preis von 18.- Franken wäre! Was soll's, das Essen war so sau gut, dass ich ernsthaft mit dem Gedanken gespielt hab, gleich noch eine Portion zu kaufen, was ich mir dann jedoch aus Budgetgründen verkneifen musste, denn schließlich sollten ja schon noch ein paar Bier drin liegen, es war ja gerade mal 19.00.
Redwood, eine Schweizer Band, war leider bereits in den letzen Tönen, als ich das Festival erreichte. Redwood spielen Grunge mit weiblichem Gesang. Mehr kann ich euch leider nicht über diese Band sagen, denn wie gesagt, ich hab sie kaum gesehen.
Als nächstes spielten dann Disgroove aus Basel. Disgroove spielen eingängigen, melodiösen Grunge/Rock. Das Trio rockt echt, und so langsam beginnt sich der Platz vor der Bühne zu füllen. Ein wenig schade, dass die Band noch im Hellen spielen muss, denn dieser Sound verdient eigentlich eine anständige Lichtshow. Aber nichts desto trotz spielen die Basler ein starkes Konzert, bei dem natürlich die obligatorische Rockschnulze nicht fehlen durfte. Einzig nervend war, dass der Sänger die Leute praktisch nach jedem Song auf ihren Verkaufsstand hinwies, was doch so nach dem 3 oder 4 mal irgendwie keinen mehr interessierte. Nach gut 35 Minuten waren dann Disgroove am Ende ihrer Show angelangt, und es war mal wieder Zeit für einen Abstecher an die Bar. Diese (eine von vielen) lag mitten im "Getümmel" zwischen Mischer und Hauptbühne. Sozusagen eine Oase inmitten der Wüste, für durstige, die sich keine Sekunde der Konzerte entgehen lassen wollten.
Langsam begann es dunkel zu werden, und die Anwohner in den angrenzenden Häusern machten die Fenster auf, und begannen sich von ihrer "Logenplätzen" aus das Konzert der Feelers aus Neuseeland anzusehen. Die Feelers, die dritte Band des Abends, spielte so richtigen Down-Under Rock. Powderfinger lässt grüßen, auch wenn die Feelers vielleicht eine Spur härter sind. Dass die Feelers eine Nummer größer sind im Musikgeschäfts als die vorangegangenen einheimischen Bands, war nicht zu überhören. Die Songs schlicht besser, und die ganze Bühnenshow sehr ansprechend. Vor allem konnte man den einen oder anderen absolut radiotauglichen Supersong heraushören. Für alle, die australischen Rock mögen, ist diese Band durchaus empfehlenswert.
Die rockigen Nummer der Feelers verfehlen ihre Wirkung nicht, denn nun ist der Platz vor der Hauptbühne zum ersten mal so richtig voll, und man braucht eine kleine Ewigkeit um von vorne wieder nach hinten zu kommen, um sich mit Getränken zu versorgen oder menschlichen Bedürfnissen nachzugehen. Man kann durchaus sagen, dass der Abend seinen ersten kleinen Höhepunkt erreicht hatte, denn die Feelers brachten echt Leben und gute Stimmung in die Bude.
Doch eigentlich warteten alle auf Velvet Revolver, die Mixtur aus G'n'R und Stone Temple Pilots. Darum war auch ich nicht allzu traurig, als die Down-Under-Rocker ihre Show beendeten.
Nun ging das große Warten los, eine letzte Chance sich neu mit Bier einzudecken, auf dass man ja keine Minute des anschließenden Konzertes mit Warten an der doch beträchtlich langen Wartenschlange verbringen musste. Doch das Warten nahm kein Ende. Auf halb Elf angesagt tat sich auch um viertel vor noch nichts, und als um zehn vor Elf mal irgendein Typ kam und sagte, dass die Band noch mindestens 10 Minuten brauchen würde, brach zum ersten mal an diesem Abend ein richtiges Pfeifkonzert aus, denn diese Starallüren gingen doch allen mächtig auf den Sack.
Um Elf, also rund eine halbe Stunde zu spät, war es dann soweit: Velvet Revolver betraten die Bühne und es war sofort klar, dass hier keine Anfänger die Bühne betraten. Von Anfang an zogen sie das Publikum in ihren Bann und boten eine sensationelle Show, der es an nichts fehlte. Slash ließ seinen Soli an der Gitarre freien Lauf und Scott Weiland, Ex-Sänger der Stone Temple Pilots, verstand es die Songs der Band auch visuell optimal umzusetzen, wie man es von einem Frontmann einer solchen "Supergroup" auch erwarten kann.
In der Folge spielte die Band so ziemlich alles, was sich auf ihrem neuen Album "Contraband" befand. Dies ist nicht weiter erstaunlich, da es sich ja bis jetzt um das einzige Werk der Band handelt. Nach bereits 35 Minuten machten dann Velvet Revolver den ersten Abgang. Auch dies hatte den leichten Beigeschmack von Starallüren, aber wenigsten kamen sie relativ schnell wieder zurück.
Nun spielten sie einen alten G'n'R Klassiker, "I used to love her" vom Album Lies. Dies sollte er einzige G'n'R Song bleiben, auch wenn ich insgeheim auf "Paradise City" gehofft hatte! Es folgten noch ein zwei alte Stone Temple Pilots Songs, bevor die Band ein weitere mal verschwand.
Bei der zweiten Zugabe ließen sie dann noch den Rest ihrer eigenen Songs auf das Publikum los, und verabschiedeten sich dann nach etwa 75 Minuten Spielzeit komplett vom Publikum.
Viel zu kurz kann ich nur sagen!!! Hätte auch gut und gerne noch mal so lang sein können. Vor allem die Intensität des Konzertes war ungemein hoch. Selten kommunizierte die Band mit dem Publikum, dafür wurde ein Song an den anderen gereiht, und nie ging dabei die Power verloren, oder Eintönigkeit machte sich breit. Es war schlicht und einfach ein spitzen Konzert von einer spitzen Band, deren Album sich nach einem Live Erlebnis noch besser anhört als sowieso schon!!!
Alles in allem war mein Ausflug nach Winterthur ein voller Erfolg, denn sowohl die Organisation des Festivals als auch die Konzerte wussten an diesem Abend voll und ganz zu überzeugen. Mich wird man auf jeden Fall im nächsten Jahr wieder in Winterthur antreffen, dann an den 30. Winterthurer Musikfestwochen...
Johannes Regenass
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