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Alternative Krampus Kränzchen
Es war eine unglaublich warme Nacht im kalten Dezember, als wir uns auf den Weg in Wiens Kulisse machten. Ein Club mit familiärer Atmosphäre, günstigen Getränkepreisen, bequemen Stühlen und Tischen mit Decken ohne Löchern - und einer Bühne, die an diesem Abend von ganz besonderen Bands bekleidet wurde. Die "Sonntagsmusik" präsentierte im Rahmen des "Alternative Krampus Kränzchens" Dead Fish On Rise sowie Wa:rum, zwei Bands die uns - ganz ohne den Gebrauch einer Rute - sämtliche Vorurteile gegenüber der österreichischen Musikszene austreiben sollten.
Dead Fish On Rise, so der Name des ersten Acts des Abends, wirbelten schwungvoll umher, spielten eine innovative Nummer nach der anderen. Am Mikro hing hingebungsvoll eine blonde Doppelgängerin von Die Happy's Martha mit Leopardenrock und Jeans begleitet am Keyboard von einer dunkelhaarigen, hübschen jungen Frau im gleichen jedoch anders eingefärbten Outfit. Daneben ein sichtlich amüsierter Bassist, der zwischen den beiden herumtänzelte, mit Jeans, glänzenden Muskeln und ärmellosem Shirt, dahinter ein identisch gekleideter Drummer. Am anderen Ende der Bühne glaubte ich, Sean Penn an einer schwarzen Gitarre erblickt zu haben, was sich erst aufklären sollte, als er mit Sprechgesang á la Falco seine österreichischen Wurzeln zu erkennen gab. Das Quintett zeichnete sich jedoch nicht nur durch ihre durchgestylte Kleidung aus, auch auf Make-Up hatte man viel Wert gelegt: Blau-grau-grüne Schuppen zierten getreu des Bandnamens Köpfe, Hälse und Oberarmen der Schönen.
Teils sehr experimentelle Songs wechselten sich mit eingängigen Klängen ab, Melodien und ganze Lieder wurden auf ihre eigene Art gecovert, das Publikum aufgepeitscht. Richtig sympathisch wurde die Band besonders, als sie mit den ersten Tönen von Little Drummer Boy begannen, dann allerdings mit "Fuck that Bullshit" endeten, an das sich diverse Weihnachtshitpassagen reihten. Nicht selten konnte man das Wort "Zugabe" vernehmen, das mit einer Wiederholung ihrer größten Komposition "Die Katzentür bewegt sich" beantwortet wurde.
Die folgende Pause wurde mit psychedelischen Klängen ab Band gefüllt, die anwesenden Musiker mussten am Merchandisestand Autogramme und Besitzenswertes verteilen.
Kurz darauf war es dann soweit: Ein schöner Mann im Supergrass-T-Shirt lief verstohlen im hinteren Bereich der Bühne auf und ab, blickte vorsichtig zu den vielen erwartungsfroh auf ihn gerichteten Gesichtern, drückte nervös eine Zigarette aus. Doch dann - ein Griff zur Gitarre, zwei weitere schöne Männer sprangen hinzu und der Abend wurde göttlich.
Meine Wahrnehmung dieser Nacht mag zwar - beeinflusst durch die Droge Musik - sehr seltsam gewesen sein, doch nur wer die Band Wa:rum tatsächlich schon einmal spielen gesehen hat, kann mich verstehen und die Wahrheit kennen. Diese konstruierte sich nicht nur durch die außergewöhnliche Atmosphäre und die drei schillernden Künstler, sondern primär durch die ansprechenden Töne, aus denen sich ein jedes Lied zusammensetzte. Das erste Klangerlebnis der Nacht war "Thinking About You", eine bezaubernde Ballade, gleich gefolgt vom ebenso faszinierenden "Mama's Gone". Der gesamte Raum war binnen weniger Augenblicke von einer beherrschenden Gänsehautstimmung erfasst, angeleitet vom regungslosen Traum aller Teenager mit geschlossenen Augen. Auch die zügigeren Nummern, die nun folgten, rissen das Publikum nicht aus der Trance, diese wurde allein variiert und erweitert. Mal fand man sich in der ersten Reihe eines U2-Konzertes wieder, mal bei R.E.M., in einem anderen Moment war es eine private Audienz bei Crowded House. Manchmal glaubte man, Richard Ashcrofts oder auch Brian Molkos Stimme vernommen zu haben, gar begleitet von Flea. Auch ein Cover von Nick Drakes "Place To Be" fand seinen Platz unter den herrlichen Liedern. Mit "Heute oder gestern", einem deutschsprachigen Hit vom neuen Album, wurde der sogenannte "Anspruchsteil" beendet. Der danach folgende "Populärteil" setzte sich aus teils rockenden, teils tanzbaren Nummern und sehr viel Energie zusammen, jedoch stets unter hohen Qualitätsansprüchen. Auch der Spaß an ihrer Musik war Wa:rum anzumerken, eine Freude, die sich völlig auf die Zuschauer übertrug. Besonders hervorhebenswerte Songs dieses Abschnitts der Nacht waren "Mindfucker's Game" sowie "Spaceman", die sich nicht nur durch ihre exquisiten Melodien, sondern auch durch gut durchdachte Texte auszeichneten. Dann folgte "Pump", die aktuelle Single, die das Publikum zum Tanzen aufforderte, das sich begeistert vor der Bühne versammelte, um Rock 'n' Roll-Klängen zu huldigen. Auch die Musiker, die zuvor noch hochkonzentriert ihren Instrumenten die schönsten Töne entlockt hatten, sprangen jetzt wild durch die Gegend. Irgendwann musste auch diese Nacht ein Ende haben, was den Anwesenden natürlich gar nicht gefiel. Groß war dementsprechend die Menge der "Zugabe"-Rufe, die man mit einer schnellen Up-Beat Nummer und einer wehmütigen Ballade mit dem treffenden Titel "Goodbye" belohnte. Erste Feuerzeuge leuchteten auf, viele klatschten mit, bis ein gekonnter Taktwechsel zu kräftigem Rock überleitete: Die Musiker ließen ihre letzte Kraft auf der Bühne zurück, wie auch einen Hauch ihres Glanzes in den Herzen des Publikums.
Selten beende ich einen Konzertbericht mit einer Empfehlung, doch eines der Konzerte von Wa:rum muss man erlebt haben. Das nicht nur wegen des außergewöhnlichen Talents der Musiker, sondern auch wegen der einzigartigen Atmosphäre, die noch lange nach ihrer Performance die Erinnerung durchflutet.
Eva Fischer-Ankern
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