Crowdsurferhochburg

Wenn die Tage wieder langsam kürzer werden und die ersten Stürme über das Land ziehen, geht die schönste Sommerzeit langsam zur Neige. Da wird es schleunigst Zeit, die letzten wohligen Sonnenstrahlen zu nutzen, um den herrlichen Festivalsommer noch einmal hochleben zu lassen. Wie könnte der Festivalausklang da besser gefeiert werden, als am Two Days A Week in Wiesen.

Das Konzept des Two Days A Week besticht durch seine Direktheit. Man nehme ein sich spannend lesendes wie hörendes Line-Up aus aktuellen Rockgrößen und solchen aus der Vergangenheit, paare dieses mit einem der schönsten Gelände Österreichs und schon ist die perfekte Symbiose aus Festival in mittlerer Größe und entspannter Stimmung in exzellenter Infrastruktur geboren. Kein Wunder, dass das Festival wie auch in diesem Jahr regelmäßig ausverkauft ist.

Das wunderbar zwischen bewaldeten Hügeln gelegene Festivalgelände ist schon seit Jahrzehnten ein Garant für entspanntes Feiern. Eine Mischung aus Club- und Festivalatmosphäre bringt jedes Jahr Tausenden ein verdientes Highlight zum Abschluss der Saison. Dabei sorgt die Zeltkonstruktion vor der Bühne für den allzu oft nötigen Regenschutz, während bei Sonnenschein, der leicht ansteigende Rasen im Hintergrund zum Sitzen einlädt. Sowieso ist hier alles etwas gediegener, mit Essens- und Getränkebereich in überdachten Hallen und kurzen Fußwegen zu Camping- und Parkplätzen. So kann dieses Festival bei quasi jedem Wetter stattfinden, ohne dass allzugroße Strapazen in Kauf genommen werden müssen.

Wer dann noch den pursten Luxus verspüren möchte, kauft sich ein VIP Ticket und erhält damit Zutritt zur bestuhlten Tribüne direkt neben der Hauptbühne. Nicht zu vergessen der exquisite Cateringbereich mit Ledersofas und großer Buffetauswahl. Irgendwie hautnah dabei, ohne jedoch mittendrin zu sein. Allerdings kann man sich ja bei den Lieblingsbands zur direkten Körperkontaktparty unter das Volk mischen und unten mit feiern.

An Bands hat das Two Days A Week natürlich auch so einiges zu bieten. Angeführt von den beiden Topacts Offspring und den Toten Hosen, ist so manches Highlight mit dabei. Auch wenn das Wetter sich zunächst von der besten Seite zeigt und pünktlich zum Festivalsommerausklang die ersten Herbstboten in Form von Windböen und Regenschauern vorbeischickt, so lässt sich das Publikum die Laune nicht verderben. Kein Wunder, da ja der Bereich vor der Bühne mit einer gigantischen Zeltkonstruktion trocken gehalten wird.

Entsprechend motiviert werden die langen Haare und Nacken zur äußerst pushenden Metal Power von Dragonforce geschüttelt. Die sechs Musiker bringen jetzt seit einem Jahrzehnt ihren Sound unter das Volk und das Publikum scheint sich schon sehnsüchtig und feierwütig auf den Auftritt beim Two Days A Week gefreut zu haben. Zumindest wird die Band unter stürmischen Applaus zu zahlreichen Zugaben aufgefordert. Einen schwereren Stand hatten danach dementsprechend die auf elektonische Klänge performenden IamX. Genauso launisch wie die Diva der Sneaker Pimps in Gestalt von Chris Corner manchmal wirkt, so unterschiedliche Stimmungen weiß auch seine neue und neuartige Musik auszustrahlen. Dementsprechend ist ein Teil des Publikums gefesselt, andere können dem Geschehen nicht ganz folgen.

Wie gut, dass mit den Cavalera Conspiracy gleich wieder die gewohnte härtere Gangart eingelegt wird. Die vier aus Brasilien sehen zwar mehr aus, als würden sie dem Gott des Ska-Punks huldigen, doch was sie aus ihren Gitarren und Drums herausquälen, hat doch einen weniger süßen Geschmack. Natürlich sind all die Crowdsurfer, Headbanger, Poger und anderen Musikexzesse nach der kurzen Erholungspause wieder direkt vor der Bühne zusammengepfercht. Dort können sie dann gleich im Anschluss den wohlverdienten Topakt des Abends erleben. The Offspring sind vom ungnädigen Flaschenboden der geisterumwogenen Musikvergangenheit aufgesprungen und präsentieren sich fast in alter Frische. Wer hat nicht schon immer einmal davon geträumt, die kalifornischen Legenden einmal live zu erleben. Und es ist wirklich ein denkwürdiger Abend geworden. Zwar zeigt Frontmann Dexter Holland nicht nur leicht ergraute Schläfen sondern nach der ersten Hälfte auch einige kleinere stimmliche Probleme, an der Stimmung auf und vor der Bühne änderte das aber wenig, vielleicht wirkte der Auftritt durch das leichte Grollen der arg belasteten Stimmbänder ja gerade erst authentisch. Und so werden die Helden bis in die tiefe Nacht hinein gefeiert.

Der zweite Two Days A Week Tag zeigt sich gleich wesentlich fröhlicher. Man kann sogar das ein ums andere Mal soetwas wie Sonne hinter den wenigstens trockenen Wolken erahnen. Und was macht ein feucht fröhlich gelaunter Festivalbesucher aus der feuchten Not? Eine weitere Quelle der allgemeinen Freude: Der wunderbar ergrünte Rasen wird einfach zu einem perfekten Rodeluntergrund für den blanken rundlichen Bauch eines Wagemutigen auserkoren, der unter lautstarken Anfeuerungsrufen die eine um die andere Schlittenpartie einlegt, bis dann doch die Kräfte schwinden.

Richtig Stimmung gibt es auch auf der Bühne, wo die Donots in alt bewährter Manier das Publikum zum nachmittäglichen Überbrodeln bringen. Überhaupt scheint das Publikum in diesem Jahr ein besonderes Augenmerk auf extreme Feierlaune zu werfen. Noch nie wurden dermaßen viele Crowdsurfer gesichtet, wie auf diesem ansonsten so gemütlichen Festival in Wiesen. Es gibt fast keinen Moment, in dem nicht irgendwelche Gliedmaßen durch die Lüfte wirbeln, in denen keine Körper in den Menschenmassen zu versinken drohen, um dann im nächsten Augenblick doch in einem gewaltigen Satz über die Köpfe hinweg geschubst zu werden. Leid können einem dabei allerdings die im Dauereinsatz um die Sicherheit bemühten Securities im Bühnengraben tun, welche die Menschenmassen vorne auffangen müssen, damit keine Gelenke oder Hälse zu Bruch gehen. Selten haben sie bei einem Festival so sehr einen Schichtzuschlag und anerkennenden Dank verdient.

Nachdem bei den eher schwachen Gun ein wenig Erholung angesagt ist, geht es dann bei Funeral For A Friend und Millencolin wieder ebenso ernst zur Sache, auch so manche blutende Nase scheint die Jünger des Crowdsurfens nicht davon abzuhalten, so direkt vom Ausgang des Bühnengrabens wieder in ihr zweifelhaftes Vergnügen zu stürzen.

Welch einen krönenderen Abschluss der diesjährigen Festivalsaison könnte es geben als mit der Mega-Band, die bisher jedes Konzert mit dem Merkmal "Ausverkauft" versah. Die hohen Erwartungen erfüllend wussten die Toten Hosen auch diesmal mit ihrer Mischung aus Spielwitz und unverwüstlichen Songs zu begeistern. Als dann auch noch pünktlich zu Mitternacht einer der unermüdlich arbeitenden Festivalpromoter zwecks exklusiver Geburtstagsfeier auf die Bühne gebeten wird, kennt die Stimmung kein Halten mehr, auch wenn dieser sich schamhaft beim Mitsingen des fälligen Geburtstagsständchen etwas zurückhält, so grölen die Fans umso mehr mit.

Das Two Days A Week zeigt sich wieder einmal als sichere Bank für einen genüßlich wilden Festivalausklang, so kann man die Atmosphäre perfekt für das nächste Festivaljahr im Gedächtnis konservieren.

Stefan Kuper

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