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Eine klirrende Nacht
Eine geballte Ladung Musik brachte der Auftritt der drei Bands Android Love Caravan, Plastotype und Frame, welche sich angesichts der Feier einer Salzburger Label Night in Wien die Ehre gaben. So war es kein Wunder, dass die Kunsthalle bis zum Bersten mit jungem musikwütigem Publikum gefüllt und ein Vordringen in die ersten Reihen, zwecks hautnahem Bestaunen der Musik eine ziemliche Arbeit war.
Android Love Caravan legten dann auch pünktlich um acht Uhr los. Die vier jungen Künstler spielten höchst intensive Musik in Richtung Sonic Youth und Velvet Underground. Die Pausen zwischen den Stücken (zum Ein- und Nachstimmen der Instrumente genutzt) wurden mit Stücken von Placebo vom Band überbrückt, welche sich wunderbar in die Gesamtperformance einbetteten. Besonders zu überzeugen wusste auch optisch der mit seinem langen Haar wild herumtollende, mit der Musik verschmelzende Gitarrist.
Nach diesem ersten Appetithappen ging es ohne große Pause mit Plastotype weiter. Es war inzwischen nochmals voller geworden und Hitze und Gemüter stiegen unweigerlich an, als der sehr rockige Indiesound durch den Raum flog. Der Frontmann schmetterte, eine schwarz-rot gemusterte Krawatte im Pete Doherty Stil um den Hals gebunden, seine wunderbar schmierige Stimme dem Publikum entgegen, begleitet vom harten Gitarrensound. Doch die Vier konnten auch anders, beim nächsten Stück kam der Synthesizer so richtig zum Einsatz und chorale Elemente vermischten sich mit einer verzerrend abschmierenden Bass-Gitarrenkombination. Das Ganze fühlte sich an wie Zähneziehen auf genüssliche Art: Ein langsam aufkommendes Gefühl, dass sich dann immer weiter steigert bis zur Explosion und dem abrupten Ende mit anschließender totaler Verwirrung im Kopf. Nicht nur stimmlich waren Ähnlichkeiten vorhanden, auf einem anschließend vorgeführten Video, konnte eine Variation von The Cure im Männerklo bestaunt werden.
Dieses war wohl der heißersehnte Höhepunkt des Abends gewesen, denn die den Konzertabend zum Abschluss bringenden Frame mussten sich mit einem wesentlich kleineren Publikum begnügen. Nichts desto trotz wurde zunächst kräftig in die Saiten gegriffen, um ein Teil des in den Nebenraum abgewanderten Publikums mittels eines röhrenden Basses wieder zurück zu locken. Dieses konnte darauf einem schnellen harten Punkrock a la Type 0 Negative lauschen. Zu den mit viel Verzerrer eingesetzten Gitarren gesellte sich eine beinahe schreiende aber dennoch langsame Stimme. Jimi Hendrix ließ aus seinem modrigen Grab in Seattles Erde grüßen, während auf der Wand hinter der Bühne ein Video mit den Musikern in China und auf der Großen Mauer gezeigt wurde. Hier wurde mit dem Zuhörer gleich kurzer Prozess gemacht: Alles dröhnte, vibrierte, wurde durchgeschüttelt und mit voller Kraft in den Bann der Musik gerissen. Geradezu psychedelisch mit langsamer Temposteigerung präsentierte sich der letzte Song, die vom Schweiß verklebten Locken des alles gegeben habenden Frontmanns klebten diesem im Gesicht, als das geneigte Publikum wieder in die Freiheit entlassen wurde.
Stefan Kuper
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