Auf der Reise durch die Zeiten

Wer noch einmal die Zeiten von Love, Peace und Rock 'n' Roll wiedererleben oder für sich neu entdecken mochte, der war beim Lovely Days Festival am rechten Ort angelangt. Bands, deren große Zeit zumeist jenseits der Erinnerungsgrenze der meisten von uns lag, versammelten sich für ein gemütliches Fest, welches in diesem Jahr wegen der Live Earth Konzerte auf einen Lovely Day gekürzt, dafür aber auf zwei Bühnen verteilt wurde. Das brachte natürlich so einige logistische Vorbereitungsprobleme mit sich, da zwangsweise einige Bands parallel spielten, so dass der Zuhörer sich entscheiden musste, entweder auf Einiges zu verzichten oder nur halben Auftritten beizuwohnen. Auch blieb der Tag nicht ganz vom Regen verschont, so dass so mancher froh war, in die Halle vor den kalten Tropfen fliehen zu können.

Genauso wie das Star Ensemble an Musikern sich auf die 60ger bis 80er verteilte, fand sich auch ein generationenübergreifendes Publikum ein: Da schaukelte das Kind auf den Schultern seines Vaters, während der jung gebliebene Opa mit glasigen Augen gen Bühne starrte, da wurde die auf Festivals allgegenwärtige feierwütige lokale Jugend von den ebenfalls begeisterten Eltern so gar nicht zurückgehalten. Dazu traf man wohl selten dermaßen ausgeflipptes älteres Publikum aus der Flower Power Riege an, wie auf dieser Veranstaltung. Wenn auch so manches Tattoo angesichts der kühleren Temperaturen unter der dunklen Lederjacke verborgen blieben.

Übrigens wurde trotz der Eintägigkeit der Veranstaltung gezeltet, so dass doch einiges an Festivalstimmung in den durchgezechten Gesichtern zu erkenne war. Für die ganz Bequemen gab es zudem eine Reihe von VIP Annehmlichkeiten wie einen extra Bereich mit extra Eingang zur Halle oder große Sitztribünen. Wer auf derlei Schnickschnack verzichtete konnte für unter fünfzig Euro ein Programm der Extragüte genießen, bei welchem eigentlich schon die einzelnen Bands einen solchen Eintritt verlangen würden.

Wir selber hatten bei unserer Anreise etwas 20 Kilometer Stau Pech, so dass nach so einigem des Verpassthabens Suzanne Vega uns als einzige weibliche Sängerin des Tages lächelnd unter den roten Stirnfransen auf der sich im Freien befindenden Power Stage begrüßte. Die New Yorkerin stellt auf ihrer Tour ihre neues Album Beauty & Crime vor, aus dem so einige Songs mit diverser Streicherunterstützung dargeboten wurden. Die Künstlerin steht dabei zumeist Akustikgitarre spielend ganz im Mittelpunkt der Musik. Aber auch die bekannteren Sachen wurden, so wie bei eigentlich allen Bands des Tages, nicht vergessen, so dass uns ein melodiöses Luka zum Auftritt von Colosseum in der Halle verabschiedete.

Bei solchen Musikveteranen a la Colosseum kam natürlich unweigerlich die Frage auf, wie viel vom ursprünglichen Personal eigentlich noch übrig geblieben war, oder ob dort mehr oder weniger eine Coverband die Meriten aus vergangenen Zeiten einzuheimsen suchte. Bei Colosseum konnte man da aber ganz beruhigt sein, zumindest die Hälfte der Künstler war noch original vorhanden und spielte einen wunderbar jazzigen Rock ins gespannte Publikum. Besonders rasant verwirrend gefiel dabei das Saxophonspiel von Neueinsteigerin und Ehefrau des Gründungsschlagzeugers Jon Hiseman Barbara Thompson, welche erfolgreich den vor ein paar Jahren verstorbenen legendären Dick Heckstall-Smith ersetzte.

Mit Barcley James Harvest, der Les Holroyd Teil, absolvierte nach dem Tod von Mel Pritchard im vergangenen Jahr eine nur noch in Bruchstücken vorhandener Rest an ursprünglicher Band einen eher langatmigen Auftritt, bei dem gehörig auf der Softrocker Schiene geritten wurde. Wesentlich inspirierender waren da die von der britischen Insel stammenden Jethro Tull auf der Power Stage zu bewundern. Frontmann Ian Anderson hat bei seiner Band in der Vergangenheit die anderen Musiker fast öfters ausgewechselt, als seine Unterhosen. Dementsprechend vielfältig war das dargebotene folkig angehauchte Musikprogramm. Die Halle war mindestens zum Bersten gefüllt, so dass kein Einlass mehr für die weiteren wartenden Fans gewährt werden konnte und die Luft im Inneren einer finnischen Dampfsauna in nichts nachstand.

Als Uriah Heep die Außenbühne betraten, war es mit einem Schlag wieder ordentlich voll. Die fünf Musiker sahen nicht nur aus, wie Urgesteine des Hardrocks, ihre Musik brachte auch gleich die passende Stimmung auf. Gesanglich melodiös und des öfteren mehrstimmig wurde geradlinige harte Klänge zum Besten gegeben. Die optische Krönung des Ganzen fand man in den strahlend blauen sowie hautengen Leggins von Sänger Bernie Shaw, welcher zudem gleich einen Mikrohalter am Oberschenkel festgeschnallt hatte.

Ten Years After waren ja schon im letzten Jahr, wenn auch etwas früher am Tag, dabei und wussten auch als Indoor Headliner voll zu überzeugen. Herausragend war vor allem die Kombination des im Vergleich mit gerade 30 Jahren jugendlichen Joe Gooch, welcher frischer Energie versprühend auf der Bühne tänzelte, und den anderen drei Rockveteranen aus der Ursprungsbesetzung, welche ihre Instrumente nach Woodstock Manier zum klingen brachten.

Der absolute Höhepunkt des Tages und sicherlich allein für sich genommen schon ein Besuch des Festivals wert, war der Auftritt von The Doors, äh ich meine Riders on the Storm. So darf sich nach diversen Rechtsstreiten die Band um Robby Krieger und Ray Manzarek nun nennen. So schienen auf dem Festivalgelände auch plötzlich doppelt so viele Besucher zu sein wie noch zuvor, um den Helden zu bestaunen. Neues Mitglied und Morrison Vertreter (nicht Ersatz) Brett Scallions machte dabei eine erstaunlich gute Figur, indem er etwas extrovertiert aber auch respektvoll in die Rolle schlüpfte. So wurden zahlreiche Doors Klassiker zum besten gegeben und der geneigte Fan schwelgte in anderen Sphären. Da konnten auch die etwas übertrieben oft skandierten Anti-Bush Sprüche überhört werden.

Trotz des etwas kühlen Wetters war ein perfekter Festival Tag zuende gegangen, der einen hoffnungsvoll euphorischen Blick auf weitere Jahre dieser neuen Institution am österreichischen Musikhimmel erklingen ließ.

Stefan Kuper

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