Der letzte Tag im lieblichen Loveland

Nun hatten wir Sonntag erreicht und um mich herum baute sich so langsam alles wie von Geisterhand ab. Vielleicht war es ein Fehler, International Pony erst um 22 Uhr auftreten zu lassen. Jedenfalls blieben nicht viele Zelte stehen. Auch meine Nachbarn und ich tranken die letzten Schlucke aus den Flaschen, sammelten den Müll vor unseren Zelten auf und bauten diese dann gemächlich ab. Die Natur muß uns Festivalbesucher schon sehr lieben. Nicht nur, daß sie uns einen überdurchschnittlich starken Regen schickt wenn alles anfängt, nein, wenn man alles wieder abbauen will, kommt natürlich auch noch mal schnell ein Schauer vorbei. Diesmal nicht so stark und nicht so lang, aber trotzdem: was haben wir ausgefressen?!

Die sexy Schlangentöterin

Als alles im Auto mit dem Kölner Kennzeichen verstaut war, brachen wir auf, (mein persönliches Tages-Highlight) Cobra Killer anzuschauen. Wir kamen gerade rechtzeitig, da standen auch schon zwei ziemlich extrovertierte Damen in "Matrix-Mänteln" auf der Bühne und krakelten laut durch den aufsteigenden Theaterrauch hindurch: "Let's have a problem!!!". Das war das Stichwort für eine knappe Stunde Peep Show vom feinsten. Die Hüllen bzw. die Mäntel fielen und es bot sich vor allem der Männer- und Lesbenwelt ein ziemlich netter Anblick. Die eine in einem engen, grauen Kleid, zerrissenen Strapsen und hochhackigen Schuhen, die andere in einem blauen Etwas, zerrissenen Strapsen und hochhakigen Schuhen. Sie sahen genau so aus wie auf dem Cover ihrer aktuellen Platte "76/77" und ernteten wahrscheinlich vor allem dadurch eine Menge johlenden Applaus. Der eher durchschnittliche Gesang fiel mehr in den Hintergrund, die zerrissenen Schlüpfer dafür ganz nah nach vorne. Als allererstes köpften sie jeweils eine Weinflasche (es sollten viele weitere folgen...) und tranken diese ein bißchen ab. Nun gut, die konventionelle Art Wein zu trinken erfolgt ja normalerweise durch ein (wenn es geht Wein-)glas. Aber warum soll man alles immer so normal und langweilig gestalten?! Immerhin ist man Cobra Killer und hat einen Ruf zu verlieren. So gossen die beiden sich das bis ins Publikum penetrant duftende Getränk über ihre Köpfe, schnallten sich einen Atemschutz um, tranken durch ihn und suhlten sich vergnügt in dem angesammelten Regenwasser auf den Boxenplanen. Eine tolle Show bis hierhin, aber sie sollte zum Schluß noch viel besser werden... Nach unzähligen Verrücktheiten und liebenswerten Abstrusitäten wurde das letzte Lied angekündigt. Die Mädels sprangen von der Bühne ans Geländer und verabschiedeten sich von ihrem (männlichen) Publikum auf eine ganz besondere Weise. Sie warfen ihre Arzthandschuhe ins Publikum (von denen ich jetzt einen habe...), umarmten und küßten jeden, der wollte (ja, ich wollte...) und zu guter letzt sprang meine neue Heldin auf meine Schulter und ich hatte Müh und Not meine Kamera nicht fallen zu lassen. Wahrscheinlich etwas verkrempelt trug ich sie dann durch's ganze Publikum und sie umarmte von mir aus nochmal alle - bis sie mehr oder weniger von meiner Schulter rutschte und gerade noch von einem anderen aufgefangen wurde. Ich kann nur sagen, sie sah von der Bühne schwerer aus als sie war und auch wenn das eine gute Marketingstrategie der beiden Berlinerinnen ist, mich haben sie damit in ihren Bann gezogen. Außerdem ist ihre Musik auch nicht zu verachten. Sie pendelt zwischen Neo Pop und Elektro-Beats. Manches könnte ich mir auch durchaus in einem Tarantino-Film vorstellen. Sehr zu empfehlen die beiden. Die Auftritte ein bißchen mehr als ihre Platte, aber hört selbst. Vielleicht noch als kleine Information für Kenner. Meine Liebste war vorher bei den Lemonbabies aktiv und einen Vorgänger von "76/77" gibt es auch, aber über den weiß ich leider wenig.
An diesem Tag schaute ich mir nichts Weiteres mehr an. Auf Karotte, (den falschen DJ) Moguai, Studio Braun vs. Erobique und andere mir nichts Sagende konnte ich beruhigend verzichten. Einzig und allein International Pony hätte ich gerne mal live gesehen, aber ein Zelt in stockdusterer Dunkelheit abzubauen fand ich weniger attraktiv und bis zum nächsten Morgen hatte ich leider keine Zeit mehr. So kam es, daß das Lovefield für mich schon um 17 Uhr endete. Aber ich werde es nie vergessen und nächstes Jahr zu 90 Prozent wieder dabei sein. Ich bin kein bißchen enttäuscht und kann es nur weiter empfehlen. Neben dem SonneMondSterne ein weiteres traumhaftes Elektro-Festival. Legt besser schon jetzt Geld zurück für nächstes Jahr. Pro Woche ein Euro... das rentiert sich, glaubt mir!

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Fabian Fascher

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