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Tropf, Tropf und ewig fließt das Wasser
Dieses Mal sind wir schon am Donnerstag angereist, auch um in fast lautloser Kulisse einen ersten verschämten Blick auf das gespenstisch von den testlaufenden Videowalls erleuchtete riesige Areal zu werfen. Das Hurricane 2007 ist beträchtlich an Größe gewachsen. Nach der Enge 2005 und der Begrenzung auf 50 Tausend Karten im letzten Jahr, ist nun der Geländeplan kräftig überarbeitet worden, so dass wegen der neben den Eichenring ausgelagerten Nebenbühne und des Zelts reichlich Platz vorhanden ist. Dabei sind wegen dem relativ quadratischen Aufbau die Wege relaxend kurz geblieben, gäbe es da nicht den verfluchten Wetterteufel. Sonnenschein und zum Teil recht heftiger Regen geben sich traditionell nordisch die Klinke in die Hand, so dass sowohl Gelände als auch die Parkplätze gelinde gesagt wegzuschwimmen drohen.
Aber was wäre ein Hurricane ohne Regen und anschließende Schlammschlacht! Ein wenig gnädiger hätte der Himmel in diesem Jahr schon mit uns sein können, damit es wenigstens mehr Zeit zum Verteilen der sich immer wieder auflösenden Sägespänewege geben würde. Erst am letzten Tag ist es etwas trockener und man kann wieder einigermaßen vorankommen, ohne Gefahr zu laufen, seine Schuhe zwischendurch von den Füßen gesogen zu bekommen. Wohl dem, der mit Vorgesorgt hat, denn in Scheeßel und Rothenburg heißt es schon nach kurzer Zeit: Gummistiefel ausverkauft!
Musikalisch gesehen ist das Hurricane schon längst bei den größten europäischen Festivals angelangt. Mit den Headlinern wie den Beastie Boys, Marilyn Manson und Pearl Jam ist auch in diesem Jahr wieder eine explosive Mischung an Hochkarätern versammelt, die seines gleichen sucht. Die meisten Bands haben auch gleich eine neue Scheibe mit im Gepäck, so dass ein gut zusammengestelltes Programm aus neuen Akzenten und den bekannten liebgewonnenen Liedern präsentiert wird. Da ärgert man sich höchstens manches mal, dass eine persönliche Zweiteilung nicht möglich ist und man sich für den einen oder den anderen Auftritt von zwei Bands entscheiden muss. Welch ein luxuriöses Problem!
Wäre da nicht dieser verfluchte Regen, der das Vorrankommen auf den ansonsten sehr kurzen, dafür aber umso glitschigeren Wegen erschwert. Da hilft es nur noch sich geduldig mit den Menschenmassen am noch relativ festen Rand vorzuschieben, um von einer zur anderen Bühne zu kommen. Nicht zu vergessen ist auch die im üblichen Zirkuszelt untergebrachte dritte Bühne, welche aber nun wirklich nur durch eine todesmutige Passage einer schier entlos erscheinenden Schlammwüste zu erreichen ist. Trotzdem heißt es dort angekommen des Öfteren: Schlangestehen. Das Zelt ist vollkommen überfüllt.
Musikalisches Highlight an den drei Tagen sind aus subjektiver Sicht die Auftritte der ewigen quirligen Beastie Boys und der bombastischen No-Waver Sonic Youth. Die Krönung und gleichzeitig den Abschluss des Festivals bildet dann am Ende der unvergleichliche Auftritt des Altmeisters Eddie Vedder mit Pearl Jam.
Sind die Protagonisten von Sonic Youth doch schon etwas in die Jahre gekommen und kann so ein Musikerleben doch sehr kräfteraubend sein, was auch allzu deutlich in den Gesichtern der ehrwürdig gealterten zu sehen ist, muss das der Musik noch lange nicht schaden. Gerade wenn es um einen derart ruhig aufbrausenden experimentellen Sound wie bei Sonic Youth geht - schwer bedeutungsvoll!
Ganz anders geht es da bei den mittlerweile auch schon über 40ern bestialischen Jungs aus New York zur Sache. Kein Stück ihrer wilden Zeiten scheint abgelegt zu sein. In schicke beige Anzüge verpackt, steckt den Vieren der verrückte Schalk noch immer im Nacken. Und so wird auf der Bühne so wild herumgehupft, dass nicht nur die Bretter zu bersten drohen, sondern auch der ein um andere Salto dabei herauskommt.
Welch einen perfekteren Ausklang für ein Festival könnte es geben, als ein zweistündiger Auftritt von Pearl Jam. Die Überväter der Szene um den eher stillen Frontman Eddie Vedder, spielen ihre fulminante Verführung aus Blues und Rock einfach zu großartig auf, um nicht ins Schwelgen versänkt den schier unendlichen Gitarrensoli zu lauschen.
Bleibt als Conclusio nur noch festzustellen, Hurricane weiter so, wir sind nächstes Jahr in jedem Fall wieder vor Ort.
Stefan Kuper
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