"Mein persönliches Hurricane 2004"

Da ich mich hier ja schon über das Festival im Allgemeinen ausgelassen habe, gilt es nun, noch einige persönliche Anmerkungen zu hinterlassen.

Im Jahre 1999 stand ich noch andächtig ausnahmslos vor jeder Band in der ersten Reihe, voll von Schmerz, nicht auch gleichzeitig vor der jeweils anderen Bühne sein zu können. Hart erkämpft hatte ich mir den Platz, meine Helden musste ich von nahe sehen. Auch meine noch Wochen später mit blauen Flecken übersäten Arme präsentierte ich stolz, sie waren das Symbol der musikalischen Freude mit der mich diese zwei großartigen Tage erfüllt hatten.

Vieles hat sich geändert, anderes nicht. Heute, im Jahre 2004, bin ich geprägt von einer Vielzahl von Festivalerlebnissen, die mich Bands sorgfältig auswählen lassen. Qualität ist nun wichtiger als Quantität, die Show hat gut zu sein und es darf keinerlei Langeweile aufkommen. Mindestens genauso wichtig sind jedoch die Menschen mit denen man sich während des Festivals umgibt - mit Freund, Freundin und Bruder im Schlepptau waren so die besten Voraussetzungen gegeben.

Nach den ersten Bandbekanntgaben jubelte ich mit jedem Tag mehr, all sie übertrafen meine subjektiven Erwartungen. Bis mit dem Zeitplan die Ernüchterung kam. Wiedereinmal so viele Überschneidungen - die ewige Verzweiflung, nicht alles sehen zu können. Und dann auch noch Hip Hop am letzten Tag.
Beim Festival selbst ging dann alles auf einmal viel lockerer zu. Jegliche Pläne waren innerhalb von Sekunden verworfen, wir hechteten von einer tollen Band zur nächsten. Selten schaffte ich es bis ganz nach vorne, doch auch aus den hinteren Bereichen war die Musik genial.

Aufgrund des höchst nervtötenden Staus am ersten Tag kamen wir erst viel zu spät an - dummerweise hatten wir genau die Strecke ausgewählt, auf der auch alle anderen zum Festival pilgerten. So hörten wir Placebo nur aus der Ferne, was genug war um festzustellen, dass wir beim nächsten Mal vorne dabei sein müssen. In die Menge warfen wir uns erst beim göttlichen David Bowie, der mit einer sorgfältigen Auswahl aus seiner musikalischen Laufbahn die einzig wahre, echte Festivalstimmung kreierte. Ihm folgten Air, die ganz nonchalant eine exzellente Performance lieferten - meiner Meinung nach eine der besten des diesjährigen Hurricanes.
Leider war mit ihnen der erste Festivaltag zu Ende, wir hätten gern weiteren Bands dieser Klasse zugejubelt. Dafür gab es lange nach dem letzten Konzert noch ein Festivalerlebnis der etwas anderen Art: wir blieben mit dem Auto hängen. Nur durch die vereinigte Hilfe dreier in der finsteren Nacht erschienenen Personen wurden wir befreit - sie waren unsere Retter.

Den zweiten Tag gingen wir eher lässig an, erst in den Nachmittagsstunden betraten wir das Gelände. Zuvor wurde noch für eine halbe Ewigkeit zu den Klängen der Donots am Rande des Campingplatzes zelebriert, mit Unmengen mitgeschleppten Biers. An dieser Stelle ein großes Lob an die Securities: nach einer Schlepppanne halfen sie mir beherzt beim Einsammeln im Dreck. Auch Björn sei gedankt: um uns vor den bösen Folgen des Alkoholkonsums zu bewahren vernichtete er aufopferungsvoll so gut wie möglich die eigens aufgebaute Pyramide. Natürlich grüße ich auch alle anderen: Fabian, Felix, Dirk, Sven, Kevin, Steffi, Achi,... Franz Ferdinand brachte einen Ortswechsel mit sich, in der Wiese des Eichenrings verbrachten wir eine schöne und lustige Zeit. Erst zu Monster Magnet stürzten wir nach vorne: die Männer unserer Truppe wurden magisch von der grenzgenialen Bühnenshow angezogen. Dort lauschten wir dann auch einer meiner persönlichen Favorit(inn)en, PJ Harvey, die mit ausgezeichneten Klängen und rosa Höschen das Publikum verzauberte.
Black Rebel Motorcycle Club im Anschluss erfüllten leider nicht ganz die durch die Show von 2002 entstandenen Hoffnungen, rockten aber dennoch sehr stilvoll. Nach den Hives im besonderen Bühnenoutfit waren dann endlich The Cure an der Reihe - bei manchen erzeugten sie Langeweile, bei anderen Faszination. Ich gehörte zu der zweiten Gruppe, huldigte meinen Idolen durch uneingeschränkte Aufmerksamkeit, erklärte sie zu meinem persönlichen Highlight und sog die melancholischen Klänge ihrer alten und neuen Hits begeistert auf. Within Temptation schafften es in der Folge nicht mehr wirklich, Spannung zu erreichen, nach etwa der Hälfte flüchteten wir wieder.

Eigentlich hatte ich für den dritten Tag musikalisch nicht viel Gutes erwartet, wurde dann aber doch überrascht. Die Backyard Babies, Mando Diao und Ash sorgten für exzellente Stimmung, die dann bei Anti Flag mit der Komponente Erschöpfung ergänzt wurde. Die Happy diente dann folglich als Erholung, wo wir uns wunderbar über die Massen begeisterter Teenager amüsierten und Arno und Hannes (Gruß an euch beide) kennen lernten. Die nachfolgenden Bands (5 Sterne Deluxe, Gentleman, Beginner) hätten wir uns gern erspart, doch bis auf die nervende Musik im Hintergrund war das Publikum sehr interessant zu beobachten. Innerhalb von kürzester Zeit stiegen verheißungsvoll duftende Rauchschwaden in die Luft, man wog sich langsam zum Takt. Die Dropkick Murphys und die Beatsteaks sorgten wiederum für beste Laune, die wir dann mit Cypress Hill als Abschlusserinnerung mit nach Hause nahmen um sie für das Hurricane 2005 zu bewahren.

Alles in allem ein gelungenes Festival, viele Bands muss ich nun unbedingt wieder sehen, andere werde ich meiden. Nette Leute gab es in großen Massen, sie waren der eigentliche Grund für die Genialität des Hurricanes. Bis zum nächsten Jahr!

Eva Fischer-Ankern

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