Erfolgloses Versteckspiel - umjubelter Auftritt

Die Dresden Dolls kommen 2005 nach Wien - ein besonderes Ereignis auf welches ich mich schon seit Oktober, seit dem ersten Anhören der aktuellen CD, gefreut hatte. Am 27.02. war es dann soweit und nicht nur wir sondern auch Scharen anderer Zuhörer strömten ins Flex, um die beiden Puppen aus Amerika live erleben zu können. Da die Dresden Dolls - vor allem das Lied "Coin Operated Boy" - spätestens seit Anfang diesen Jahres (zu Recht) nicht aus dem Repertoire eines bekannten Radiosenders wegzudenken waren, haben DD auch hierzulande einen hohen Bekanntheitsgrad, der sich durch ein ausverkauftes Konzert sichtbar machte. Ein Umstand der sich leider auswirkte, denn innerhalb von wenigen Minuten war es nahezu unmöglich, durch die Massen nach vorne zu gelangen. Na ja, immerhin werden die Hintersten ein paar Wochen später taub als die "Erste Reihe-Hooligans", ein schwacher Trost, aber besser hinten dabei als gar nicht. Eva wagte sich jedoch zweimal (!) bis zum Bühnenrand vor, um wenigstens ein paar Fotos von Amanda Palmer und Brian Viglione zu machen. Den größten Teil des Auftritts standen wir aber auf der Empore, was sicher einen wesentlich besseren Blick auf das fast regungslose Geschehen auf der Bühne zuließ als ein Standplatz in der Mitte des Zuschauerraums - vor allem für mitteleuropäische "Normzwerge". Das erste Lied, das die beiden Bostoner mit Piano, Gesang und Schlagzeug begleitet von einem johlenden Publikum zum Besten gaben, war "Good Day", gleichzeitig das Einstiegslied ihrer aktuellen CD. Diese ruhige Ballade war der ideale Anfang einer Reise durch die wunderbare theatralische Welt dieses "Brechtian Punk Cabaret". Sämtliche Lieder des neuen Albums wie "Missed Me", "Half Jack", "Girl Anachronism" und das allseits bekannte und überaus weise "Coin Operated Boy" (übrigens immer noch mein Wunschtraum, ein solches besungenes Exemplar zu besitzen) verzauberten das Publikum in Windeseile und es war ein erhebendes Gefühl, von besagter Position aus, das Meer des sich hingebungsvoll bewegenden Publikums zu überblicken. Nicht nur die Musik sondern auch die Texte schienen das Publikum ergriffen zu haben und neben der auf CD gebannten Nummern wurde das eine oder andere Cover und auch ein Lied zu "Ehren" des derzeitigen US-amerikanischen Staatsoberhauptes gebracht. Die Hoffnungen der Band diesem Mann mittels musikalischer Europatournee entfliehen zu können, wurden nämlich dank der ebenfalls stattfindenden Europamissionierung des besagten Herren zerstört. Für viele wäre dies ein Grund paranoid zu werden, für die Dresden Dolls jedoch ein Anlass, sich den Frust von der Seele zu singen. Eine weitere nette Geste war die Tatsache, dass Amanda das Wiener Publikum in einem erstaunlich klaren Deutsch begrüßte und sogar ein paar Strophen auf Deutsch sang. Im Großen und Ganzen war dieser mit wunderbaren Klängen durchsetzte Abend ein bezauberndes Erlebnis, das zum Träumen, Mittanzen und Mitsummen einlud.

Marlies Staudacher

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