Inselhopping

Jahr für Jahr fragen ab Eintreten der sommerlichen Hitze zum Beginn der warmen Jahreszeit einander die Einwohner Wiens, ob sie auch zum Donauinselfestvolk gehören. Üblicherweise tun sie es, und so sammeln sich die Horden zum gemeinsamen Hören von Musik, zum Feiern des Sommers und ihrer Stadt, strömen allesamt zum Donauinselfest, um dort drei spannende Tage auf der Insel zu verbringen.

Das größte Open-Air Spektakel Europas war nicht nur ein reines Musikfestival, sondern lud auch als Familienfest alle vom Kleinkind bis zum Opa auf ein teils gemütliches, teils heißes Fest ein. Da war es kein Wunder, dass üblicherweise bis zu einer Million Besucher täglich in Wiens nördliche Oase strömen. Auch wenn in diesem Jahr das Wetter dem ein oder anderen das Ereignis verregnete, ein Verkürzen auf zwei Tage oder sogar eine gänzliche Absage im Bereich des möglichen war, so gelang es doch im letzten Moment alles zu trocknen und bereit für die Massen zu präparieren, so dass das Festival pünktlich um 18 Uhr hochoffiziell vom Wiener Bürgermeister auf allen Videoleinwänden angekündigt starten konnte.

Der Regen der vergangenen Tage hatte den Boden gänzlich aufgeweicht und für diverse Schwierigkeiten gesorgt. Bedingt durch den Hochwasserschutz für die Stadt Wien und den damit verbundenen geöffneten Schleusen drohte die Donauinsel gar überschwemmt zu werden. Da halfen nur massenweise Hackschnipsel, um zunächst das Gelände für die Aufbauarbeiten befahrbar und dann den Boden für die Besucher durchaus trittfest werden zu lassen. So konnte sich jeder der heuer nur in halber Anzahl erschienenen Feiernden von der guten Organisation überzeugen. Wer sich von den gelegentlichen Schauern nicht abschrecken ließ, verlebte ein feucht fröhliches Festival.

Auf über 20 Bühnen, jeweils als Insel bezeichnet, wurde wirklich für jeden etwas geboten: Von jazzigen Klängen über Mainstream Pop bis zu Kinderunterhaltung und Kleinkunst, die verschiedensten Geschmäcker wurden bedient. Garant für die außergewöhnlichste Musikmixtur aus Hip-Hop, Indie und Rock ist seit dem zweiten Donauinselfest und somit zum 25. Mal die FM4 Planet Music Insel. Schon Generationen von Fans der guten Musik abseits der Massen pilgerte zur wunderbaren am unteren Ende eines Hangs gelegenen Schauplatz der musikalischen Eitelkeiten. Auch wenn diese ideale Platzierung in diesem Jahr ins Wasser fiel, ist für das nächste Jahr wieder der übliche Ort fest in Augenschein genommen.

Aber auch so ließ sich wunderbar feiern, wobei gerade die Mischung die besondere Würze der Planet Bühne ausmachte. So herrschte am ersten Abend der Hip-Hop auf dem Platz und der stampfende Sprechgesang konnte bei Szenbekanntheiten wie Dephjoe oder Dendemann gefeiert werden, auch wenn es aufgrund der schwierigen Auf- und Umbaubedingungen zu ein paar Verspätungen und verkürzten Auftritten kam. Das alles wurde aber durch die Show der legendären amerikanischen EPMD mehr als aufgewogen. Die ewigen Plattenschieber feierten ein gelungenes Comeback mit neuem Sound aus alten Wurzeln.

Am Samstag konnte vor allem das Indie Herz wohlig massiert werden. So sorgte nicht nur der Auftritt der Sterne für begeisterte Erinnerungsstürme, die sich anschließenden Naked Lunch können inzwischen wohl auch als Klassiker betrachtet werden. The Notwist brachten dann den krönenden Tagesabschluss mit ihrem melancholischen elektobombastischen Gitarrenpop.

Auch der Sonntag bot viel spannendes Programm, die Mediengruppe Telekommander ließen träumen, die Sofa Surfers tanzen. Anschließend wurde als einmaliger Festivalausklang mit den Melvins eine der großen amerikanischen Rockbands der 80er frisch aus der Versenkung geholt, die die wilden Fans mit ihrem progressiven Sound bis zum letzten Atemzug beglückten.

Es bleibt dabei, ob zum Sommeranfang oder zu dessen Ausklang – wie im letzten Jahr – das Donauinselfest ist die erste Adresse für ein gemütliches Festival in gigantischen Dimensionen mitten in Wien.

Stefan Kuper

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