Kunst 2 = Musik

Das ehemals großangelegte Museumsprojekt "Kunsthalle" ist nach seinem Umbau zusehendst dabei sich zu verwandeln. Falls nicht gerade schräge Videoinstallation gezeigt werden, wird aus dem Ausstellungsraum eine Konzertkulisse! Praktisch jedes Wochenende treten dort im Veranstaltungsraum junge unbekannte sowie bereits etablierte Musikgruppen auf, um einen Einblick in ihr Repertoire zu geben.
So geschehen auch letzten Freitag, als sich diesmal Core (ehemals Paradise Now!) die Ehre gaben. Was an normalen Tagen einem Museum ähnelt (?), glich an jenem Abend einer Kapelle – selbstverständlich fand sich statt einem Altar eine Bühne, oder besser gesagt ein Platz, an dem Instrumente und Musiker für alle gut sichtbar waren. Schwarze Stühle in braven Reihen nebeneinander geschlichtet (inklusive breitem Fluchtweg in der Mitte) vermittelten eher den Eindruck eines provinziellen Parteitags als eines Konzertauftritts. Nun, sollte auch das Ganze als Gefallen für den Freund eines Freundes (oder so ähnlich) aufgefasst werden, eine Mutmaßung, die einem aus dem allgemeinen Gemurmel zu Ohren drang. Deswegen bitte keine allzu großen Erwartungen an die Location, war doch das anwesende Publikum vollends zufrieden. So schien es zumindest. Vorrangig aus der akademischen Schickeria (Bussi, Bussi – Ah hallooooo! Wie schön dich zu sehen!!!), elegant bis ökologisch gekleidet nahm die übrigens ebenfalls nichtzahlende Gesellschaft ihre Plätze ein.
Nach ungewöhnlich langer Verspätung schlüpfte die Band aus einem "Büro" (kein Backstagebereich), grüßte artig und ließ sich sogleich an ihren Instrumenten nieder. Das Ensemble bestehend aus Chris Harras (Gesang, Gitarre), Harry Jilg (Bass) und Sascha Bém (Drums) verspürte noch die Notwendigkeit, die Atmosphäre mit ein paar lockeren Sprüchen zu entspannen.
Schließlich, nachdem die ersten Töne an mein Gehör drangen, stellte sich automatisch die ewig wiederkehrende Frage, wie aus drei Instrumenten, die mit gekonnter Handhabung bespielt werden und an ein bisschen Strom angeschlossen sind, derartiger Lärm entstehen kann. Was nicht heißen soll, er wäre unmelodiös, bloß kommt es doch vor, dass sich Stimme und elektrifizierter Bass einander kreuzen, d.h. statt nebeneinander übereinander klingen. Die erste Einspielung jedoch stellte derlei Befürchtungen sofort ins Abseits, da neben einer kräftigen Stimme ein hübscher Bassstandard vibrierte, sowie das Schlagzeug akustisch optimiert wurde. Wahrscheinlich die schönste Schöpfung des Abends, wenngleich die Lyrics einer ständigen Wiederholung unterworfen waren; ein Umstand der im Allgemeinen die Hitverdächtigkeit garantiert, wenn man bedenkt, dass die größten Songs nur aus ein paar Zeilen bestehen. Zudem leichter einzuprägen und auch Honig für die Ohren. (Bitte nicht als Befürwortung für Oberflächlichkeit und Einfalt verstehen!)
Während Fotograf Stefan das Ereignis auf Bild festhält und damit verstummen lässt, blicke ich mich um in der Menge und spüre förmlich, wie eine Harmonie den Raum erfüllt. Die spärliche Beleuchtung gepaart mit der manierlichen Aufmerksamkeit lässt ebenso die Ehrfurcht vor den Performern erahnen; man sieht zwar nicht sehr viel (von Bühnenshow keine Spur), doch behält man sie im Blickfeld, welches sich mit Musik erfüllt. Wo soll man sonst hinschauen? – Herrscht doch das Gesetz von Angebot und Nachfrage! Man hört schlicht und einfach hin, weil man sich hingezogen fühlt.
Eine Rockband sollen Core ehedem gewesen sein. Sehr viel ist davon an diesem Abend nicht zu spüren, eher ist man versucht, den Geist von Kurt C. wieder zu beleben. Wenngleich nach dem ersten Lied nur noch die Interpretation von Springsteens "The Ghost Of Tom Joad" herausragend ist, so pendelt sich das Niveau des Abends eindeutig über dem Durchschnitt ein. Trotz mangelnder Variation (den Output betreffend) gelang es Core mit einer gefälligen Kombination aus sanften Melodien (unterlegt mit Blueselementen) und der ansprechenden Stimme von Sänger Chris eine stimmungsgeladene Atmosphäre zu schaffen. Angelegt eher als Kammerkonzert denn als Live-Act, wurden wieder Erinnerungen an grandiose Unplugged-Sessions wach.

Michaela Drescher

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