Gottähnliche Wesen und Stern-Zombies

Mit Spannung erwartete ich den Abend des 9. 3. 2005: Zu diesem Datum wurde gemunkelt, würden nämlich extraterrestrische Übergriffe getarnt als "Alien- ähm Psychobilly"-Konzert einer angeblich aus Frankreich stammenden Band namens Astro Zombies eine Wiener Konzerthalle heimsuchen.

Die erste Band dieses ominösen Abends waren die Chiming Bells aus Wien. Dieses Trio, das neben dem Gesang die Klänge von Schlagzeug, Gitarre und fünfseitigen Bass auf das zunächst noch spärliche Publikum los ließ, schien zunächst noch einigermaßen irdisch. Mit Liedern wie "Hot Rod Girl" oder "Schnitzel Boogie" zeigte man die eigenen Vorlieben und Wurzeln und doch war auch diese Vorband nicht ganz natürlich: Obwohl die Band nämlich erst ein Jahr alt ist, haben die Mitglieder mit ihrer auf der Homepage zu findenden Eigenbeschreibung als "gottähnliche" Musiker schon ein gesundes (?) Selbstbewusstsein. Wollen sich andere Bands kontinuierlich verbessern, um wenn überhaupt Heldenstatus erlangen zu können, dürfte den drei Göttern, die sich aber auch selbst einer "durchaus berechtigten Arroganz und Präpotenz" bezichtigen, dank ihrer "Unfehlbarkeit" wohl eher daran gelegen sein, das Publikum zu bekehren. Im Ernst, dass die Chiming Bells noch jung sind, hört und sieht man, aber auch, dass ihr Musikstil, wiederum selbst als "Hot Rodded Rockabilly Rock 'n' Roll" bezeichnet, ein spritziges und trotz "Heiligenstatus" ausbaufähiges Potential aufweist.

Nach einer kurzen Umbaupause war es dann so weit: Die Invasion der Astro Zombies konnte beginnen. Das (offiziell) französische Trio, dessen Wurzeln zumindest dem Namen nach im "Nicht-mehr-Unter- und im Überirdischen" liegen, machte sich auf, um zu "verstümmeln, foltern und töten" – so las man zumindest auf dem Banner an der Bühnenwand. Die drei Herren an Mikrophonen, Schlagzeug, Gitarre und Kontrabass gaben vor der nun gut gefüllten Halle ein Stelldichein. Mit Trommelgewittern, abwechselnd dahinfegenden und gewürgten Gitarrenklängen, geslapptem Bassrhythmen brachten sie den Rock 'n' Roll vom All in die Arena. In einer Minute warnten sie das Publikum noch vor den außerirdischen Gefahr, in der anderen Minute verwandelten sie sich selbst in die "terrifying Astro Zombies" und führten mit dem Cover eines Cure-Songs ein musikalisches Experiment an der Erdlingsmusik durch. Dieses Experiment gelang dermaßen, dass selbst The Cure-Liebhaber dreimal hinhören mussten, bis sie aus den Klangfetzen, dieser sehr bassbetonten Version, das Lied "Plastic Passion" ausmachen konnten. Die Erdlinge vor der Bühne waren durch das außerirdische Treiben dermaßen ergriffen oder hypnotisiert (?) und vielleicht auch nicht mehr Herren ihrer Körper, dass sie ihr Gefallen an der Musik nur mit beständigen Kopfnicken und dem einen oder anderen rhythmischen Stampfen Ausdruck verliehen. Vielleicht liegt dieser Spezies aber einfach nicht viel am Tanzen oder unkontrollierbaren körperlichen Verrenkungen im Gleich- oder Widerklang mit der Musik? An den Klängen dürfte der Bewegungszustand der Zuschauer sicher nicht gelegen haben. Viel weniger statisch als das (vielleicht wirklich hypnotisierte) Publikum erwies sich die Band, die abwechselnd Schicht für Schicht ihrer Garderobe ablegten, was dazu führte, dass der Bassist gegen Ende des Auftritts "oben-ohne", nämlich des Cowboyhuts entledigt, dastand. Alles in allem war dieser Abend trotz der unbekannten Hintergedanken der drei Exemplare der Spezies "Astro Zombies" ein Erlebnis der dritten Art, an das man sich - nicht wie bei Entführungen durch ein Raumschiff - noch lange erinnern können wird.

Marlies Staudacher

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