These bands are limbs!
These Arms Are Snakes & Seven Feet Four
(20.05.2005, Magnet Club, Berlin)

Nach ihrem hochgelobten Gig in Mühlheim sollten These Arms Are Snakes endlich live in Berlin spielen! Das ist schon ein Ereignis, welches man sich nicht entgehen lassen sollte! Gibt sich die Band mit dem wohl spektakulärsten Bandnamen seid langem ja nicht besonders oft die Ehre in deutschen Gefilden. Die Location sollte der Magnet Club sein, ein kleiner, düsterer und geheimnisvoll gemütlicher Schuppen im alternativen Osten von Berlin. Der Magnet Club war äußerst eng und schmal und führte nach hinten direkt zur Bühne (und den weniger attraktiven sanitären Einrichtungen). Der "Backstageraum" mußte vermutlich irgendwo zwischen Bühne und WC auf 3m2 oder so sein. Die kleine Bühne war vollgestopft mit etlichen Dingen und das blaue Licht schien auf die 6 herrenlosen Gitarren und Bässe und das unbemannte Schlagzeug. Noch bestätigte sich der Name des Magnets nicht besonders und er zog nicht gerade viele Besucher an. Um genau zu sein: Ganze 2 Leute lungerten in den abgewetzten Sofas herum und schauten sich gelangweilt Otto's "7 Zwerge" auf einer kleinen Leinwand an. Im Hintergrund ließ man einfallslos das komplette neue Album von Days In Grief laufen, bis plötzlich der innigen Lärm einer Gitarre aufheulte.

These guys are Rock
oder
Ein bestätigtes Vorurteil

Was ein paar Sekunden zuvor noch als einfacher Soundcheck abgetan werden konnte, verwandelte sich schlagartig in das erste Lied von Seven Feet Four. Wie es passiert ist, weiß ich nicht genau, aber auf einmal hatten sich so an die 50 Leute vor der Bühne versammelt und schienen sehr interessiert an den noch unbekannten Schweden. Diese disziplinierten sich gut und rockten vor dem Mini-Publikum wie vor einem 7000-Mann-Konzert. Völlig kompromisslos legten sie los ohne Rücksicht auf Verluste - und so passierte das Denkbare: Die zweite Gitarre ging schon nach dem ersten Lied kaputt. Aber in solch einem Fall kann man sich natürlich auf die "Thank you These Arms Are Snakes, you are so kind!" verlassen. Und so gab es einen kurzen Gitarrentausch und die Show konnte fortgesetzt werden. Vom Sound her trat besonders das Schlagzeug in den Vordergrund. Laut abgemischt und sehr engagiert trommelte sich der bebrillte Schwede durch das Soundgeschwader hindurch und trieb dem Publikum den Rhythmus in die Kniegelenke. Der zweite Gitarrist machte des öfteren die Bekanntschaft mit dem Boden und spielte seine Parts größtenteils in der Fötusstellung oder auf der unter dem Gewicht fast zerberstenden Bassdrum des ängstlich dreinschauenden Schlagzeugers, während sich die erste Gitarre und Stimme Isak Ferna eher zurücknahm und lieber sein lautes Organ nutzte.
Zum Ende hin ließ es sich der Gitarrist nicht nehmen, mit seiner Gitarre nochmal ordentlich Hulahoop zu spielen, um dann wenig später wieder verängstigt auf dem Boden zu kauern und an seinen Pedalen herumzuspielen.
Seven Feet Four hinterließen ein einziges Schlachtfeld, welches aus unzähligen Bierflaschen und einem zumindest optisch total zerstörten Schlagzeug bestand, und ein wieder einmal bestätigtes Vorurteil: Schweden können einfach unglaublich gut rocken!

Käpt'n Cook und seine Arme(e)
oder
This mouth is "dromedary"

Endlich war es soweit: These Arms Are Snakes stürmten die Bühne und der Gitarrist spielte sofort einen Endlos-Loop in seine Geräte ein, welches den ganzen Soundcheck über penetrant vor sich hindudelte. Darauf improvisierte er nette Gitarrenriffs. Völlig unscheinbar, als seien die Snakes tatsächlich so ruhig und idyllisch, setzte er das einige Minuten fort, denn der Bass war kaputt. Er brachte einfach keinen einzigen Ton zustande, Sänger Brian Cook stand mit dem Rücken zur Wand und murmelte etwas von "American Shit" und dann plötzlich schien alles zu funktionieren. Man stimmte "Stanza Bianca" an und spielte so eine knappe Strophe durch, als der Bass erneut ausfiel. Nachdem man wieder mit viel Geschimpfe den wohl stetigen Schaden behoben hatte, ging man die zweite Runde an, mit "The Shit Sisters". Was nun folgte, entschuldigte jede vorhergehende Panne um das Tausendfache. Eine bombastische Show mit ganz besonderen Gimmicks wie z.B. Mikrophon-in-die-Fresse-bekommen, Boxen-auf-die-Füße-schubsen, sich-selbst-gegen-die-Wände-schleudern, ins-Publikum-stürmen-und-alle-Leute-mit-dem-Mikrophonkabel-einwickeln und ganz besonders mit gaaanz langer Rotzfahne aus dem Mund hängend die ganze ¾ Stunde über. Somit war es ein äußerst interaktives Konzert, denn man mußte rege damit beschäftigt sein, nicht zum frühzeitigen Krüppel zu werden und keine Boxen auf die Füße zu bekommen oder anderweitig verletzt zu werden. Und nachdem der Sänger festgestellt hatte, daß der freundliche Mann von der Security immer und immer wieder mit "nettem" Gesicht die ganze Schose auf die Bühne hievte, ließ er es sich nicht nehmen, diesen wunderbaren Dienst öfter in Anspruch zu nehmen. Wild tanzend und versuchend sein Mikrophon zu bändigen schrie und brüllte er in die Masse hinein, wenn er sich nicht gerade in deren Mitte befand und Freundschaft mit seinen mehr oder weniger völlig paralysierten Fans schloß. Am Schluß wußte man nicht mehr so recht, was in seinem Gesicht nun Rotze und was Schweiß war - wenn man das denn nun unbedingt so genau wissen wollte...
Leider währte die Präsenz der vierarmigen Truppe nicht sehr lang, da ab 23 Uhr die Bühne geschlossen und der Dancefloor eröffnet wurde. So räumte man dann ziemlich gnadenlos und schleunigst das Feld und auch das Einreden auf den am Boden umherkrauchenden Sänger, doch noch eine Zugabe zu spielen, stieß nur auf taube (...) Ohren und wirre, nuschelnde Erklärungen. Schneller als das Publikum einen protestantischen "Zugabe"-Aufmarsch starten konnten, fiel ein vorhangartiges Gehänge, wie man es öfter vor den "Schaufenstern" von Bestattungsunternehmen sieht, vor die mickrige Bühne und von da an hatte die konservierte Musik die nächsten 6 Stunden wieder ihren Part. Wer drin war, durfte bleiben, wer später oder wieder kam, zahlte 5 Euro. Und plötzlich war der ganze Charme, den die beiden Bands in die Luft versprüht hatten, wie von Geisterhand verflogen. Einfach so.

Fabian Fascher

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